Die Beerdigung unserer Liebe

Am Ende bat ich ihn, mir meinen Ehe- und Verlobungsring vom Finger zu nehmen. So wie er ihn vor vielen Jahren angesteckt hatte, sollte er ihn auch wieder abnehmen.

Da war er! Der Tag, bei dem ich immer dachte, er würde nie kommen

Der Tag, an dem mein Mann mir sagte, dass er mich nicht mehr liebt und das er sich kein weiteres Leben mehr, mit mir vorstellen kann. Und das zwei Wochen vor Weihnachten. Das Fest worauf sich unser zweijähriger Sohn schon so sehr freut.

Bereits vor mehr als einem Monat kündigten sich die ersten Vorboten an. Intensive Gespräche führten wir über unsere siebenjährige Partnerschaft. Ich hatte dabei viel geweint, gebettelt und gefleht. Manchmal konnte ich tagelang nicht richtig essen. Aber ich musste stark bleiben, nicht für mich, sondern in erster Linie, für unseren kleinen Sohn.

Zwei Wochen vor Weihnachten war „Er“ dann da. Der Tag vor dem ich mich so sehr fürchtete. Es gab keine großen Anzeichen dafür. Ich spürte es einfach. Ich wusste, dass mein Mann bei diesem Treffen, die Trennung aussprechen würde. Auf mein Bauchgefühl war immer Verlass.

Ich hatte mich daher, intensiv auf diesen Tag vorbereitet. Ich überlegte, was er wohl zu mir sagen würde, habe mich gefragt, ob er dabei weint?

Und vorallem: wie sollte ich reagieren? Ich wollte mir vornehmen nicht zu weinen! Machte mir sogar Notizen was ich ihm zum Abschied sagen wollte. Ich würde nicht mehr Flehen oder Betteln.Ebenso würde ich ihn auch nicht aufhalten.

Ich würde ihm nur sagen, wie enttäuscht ich von ihm als Person bin. „Ich brauche keinen Menschen in meinem Leben, der mich nicht braucht.“

Kurz bevor er ein letztes Mal zu uns nach Hause kommen und ein letztes Mal mit mir auf dem Sofa sitzen würde, habe ich mich unter die Dusche gestellt. Meine Haare mit einer extra Cocos-Kur gepflegt, mich anschließend geschminkt und gestylt, parfümiert und hübsch angezogen. Nicht zu aufreizend oder schickimicki aber dennoch ansprechend.
Ich wollte einen souveränen Abgang!

Quasi eine schöne „Beerdigung“ für unsere Liebe. Dann habe ich in den Spiegel geschaut und gedacht :,, Du siehst toll aus, du schaffst das.“

Ich wollte nicht wie ein Häufchen Elend, mit fettigen Haaren, Jogginghose und Schlabberpulli auf dem Sofa sitzen. So sah ich in den letzen Wochen genug aus.
Und dann ist mir klar geworden, dass ich eine starke Frau bin! Plötzlich war ich so stolz auf mich.

Tja und nun fragt ihr euch sicher wie es ausgegangen ist?

Vor dem Gespräch zündetet ich unsere Hochzeitskerze an. Seit der Hochzeit, vor drei Jahren, hat sie nicht einmal mehr gebrannt. Daneben stellte ich zwei Fotos von uns. Dann lief alles wie ich es mir zuvor ausgemalt hatte. Er wählte die Worte, auf die ich wartete: ,,Ich liebe dich nicht mehr, ich habe keine Gefühle mehr für dich und ich kann nicht länger mit dir zusammen leben.“

Geweint hat er dabei nicht! Jedoch wirkte er sehr traurig und machte einen gebrochenen Eindruck auf mich. Plötzlich sind mir auch die vielen Falten in seinem Gesicht aufgefallen. Wie blass er auf einmal war, hatte er abgenommen? Sein Lächeln habe ich an diesem Abend nicht einmal mehr gesehen. Es war als würde eine ganz andere Person vor mir sitzen. Seine Fröhlichkeit, die mich immer faszinierte, wich nun einer gleichgültigen Ausstrahlung.

Als ich ihm meine letzten Worte sagte, wirkte er abwesend. Ich hatte das Gefühl, nichts davon erreichte ihn. Still und auf den Boden blickend, ließ er alles geschehen.
Am Ende bat ich ihn, mir meinen Ehe- und Verlobungsring vom Finger zu nehmen. So wie er ihn vor vielen Jahren angesteckt hatte, sollte er ihn nun auch wieder abnehmen.

Seinen Ring trug er schon länger nicht mehr. Wortlos nahm er meine Ringe ab. Er vergoss anschließend drei Tränen. Ich weinte. Dann saßen wir noch eine gefühlte Ewigkeit nebeneinander. Wo früher so viel Wärme war, war plötzlich Kälte.

Ich hatte ihm nichts mehr zu sagen.

Ich hatte abgeschlossen.

Meinen inneren Frieden gefunden.

Die „Beerdigung“ unserer Liebe war meine Art von loslassen und sie war die beste Entscheidung. Am Ende pustete ich die Hochzeitskerze aus und jetzt kann ich mich auf ein schönes Weihnachtsfest mit meinem Sohn freuen.

K.B.