Loyalität – kennst du nicht…

Ich bin genügsam. Ich habe nicht viele Freundschaften, aber wenn ich Freundschaften führe, dann bin ich zu einhundert Prozent in dieser Freundschaft. Vielleicht ist es falsch, von einer Freundschaft Loyalität zu erwarten. Vielleicht ist es falsch, die eigenen Erwartungen auf andere zu münzen.

Vielleicht ist es auch mühsam, von anderen zu erwarten, dass sie die gleichen Rahmenbedingungen haben, wie man selbst.

Ich war in meinen Freundschaften bisher immer glücklich. Ich habe nicht viele Freundschaften, weißt du? Mir reichen die paar guten Freunde, die ich habe. Denn die sind mir lieber; sie sind nämlich an meiner Seite und kein Fähnchen im Wind. Sie sind mir loyal gegenüber, sie sind da, wenn ich sie brauche, sie verstehen mich und meine Welt, die anders ist als viele andere Welten.

Aber dann kamst du. Du hast mir eine Welt der Freundschaft gezeigt, die anders war. Du hast mich abhängig gemacht, von dir, von deiner Freundschaft, von deinen Weisheiten. Ich habe zum ersten Mal eine Freundschaft geführt, die nicht auf gleicher Ebene ist. Und das, obwohl ich mir nach vielen ungleichen Beziehungen geschworen hatte, keine solche Freundschaften oder Beziehungen mehr zu führen.

Aber du hast es geschafft, mich von dir abhängig zu machen. Du hast es geschafft,
mich mit dieser Freundschaft immer weiter zu zerstören. Du warst nicht loyal. Das warst du nie. Es war immer nur dein grenzenloser Egoismus, der für dich im Vordergrund stand.

Mir ging es schlecht – aber das war dir egal. Du hast mich mit meinem Kummer sitzen lassen, weil du keinen Bock auf solche Gespräche hattest. Du wolltest eine Freundschaft führen, die nur aus guten Zeiten besteht. Du hättest genug Stress, da müsstest du dir nicht noch in einer Freundschaft irgendwelche Streitgespräche antun.

Weißt du, eigentlich hast du ja Recht. In einer Freundschaft sollte es keine schlechten Zeiten geben. Aber es ist einfach so, dass man auch in Freundschaften Gefühl investiert normalerweise. Da du nicht weißt, was aufrichtige Gefühle sind, was Freundschaften und die wahre Liebe bedeuten, ist es dir auch fremd, einfühlsam auf andere Menschen einzugehen.

Für dich ist alles okay, solange alles so läuft, wie du das willst. Aber wehe, es läuft nicht so, wie du das haben willst. Wehe, man stellt irgendwelche Anforderungen an dich. Wehe, man wünscht, du bist loyal.

Anstatt loyal zu sein, unterstützt du Menschen, die verlogen, hinterhältig und feige sind. Anstatt loyal zu sein, rettest du deinen eigenen Arsch. Weil du zu bequem und zu selbstverliebt bist, um auch mal das unbequeme durchzustehen. Dir ist es egal, ob du Menschen verlierst – ob du mich verlierst.

Und ich? Ich bin dumm. Ich gehe und lasse dich alleine, weil ich den Schmerz und den Kummer in meinem Herzen nicht mehr ertrage. Aber dann fange ich an, dich zu vermissen. Und dann geht dieser unendliche Kreislauf wieder von vorne los. Dann kämpfe ich wieder um einen Menschen, um eine Freundschaft, die es eigentlich gar nicht wert ist. Die mich emotional bricht, mir dauerhaft Schmerzen zufügt, weil du nichts anderes kannst, als egoistisch sein.

Du weißt nicht, was es bedeutet, Schmerz zu ertragen. Denn du bist immer nur der, der verletzt. Insgeheim wünsche ich mir, dass ich mich endlich von dir lossagen kann und das du derjenige bist, der fällt. Und dann niemanden hat, der ihn auffängt. Eben so, wie du mit anderen umspringst.

Wahre Freundschaft bedeutet, sich gegenseitig den Rücken zu stärken und loyal zu sein. Es bedeutet nicht, den anderen emotional fertig zu machen. Aber das? Das musst du erst noch lernen. Und weißt du, was das Schlimmste an allem ist? Du wirst es nie lernen. Nie. Und ich auch nicht.

J.R.