‘Warum bist du so introvertiert? Warum redest du nicht mit deinen Freunden?’
Diese Frage wurde mir früher fast jeden Tag von meinen Eltern und Lehrern gestellt. Ich konnte ihnen aber nicht erklären, was ich fühlte.
Genau wie sie hatte auch ich das Gefühl, dass ich Menschen hasste, dass ich es hasste, mit Menschen zu reden und eine gemütliche Ecke mit meinen Büchern bevorzugen würde. Ich wurde als introvertiert abgestempelt, als jemand, der Sozialkontakte hasst.
Die Lage änderte sich auch an der Uni nicht besonders, aber je mehr ich mich weiterentwickelte, desto mehr versuchte ich, mich selbst zu verstehen: Warum hasse ich es, mit Menschen zu reden? Warum liebe ich es, mit mir selbst zusammen zu sein? Warum gehe ich Menschen aus dem Weg?
Die Studienzeit war für mich nicht unbedingt mit Freunden gefüllt, weil ich nie aus meinem Schneckenhaus herauskam. Partys waren auch nicht mein Ding. Ich hasste es, zu Partys eingeladen zu werden.
‘Oh nein! Nicht noch eine!’, war meine Reaktion, wenn mich jemand zu einer Party einlud.
Sobald ich einen Raum voller Menschen betrete, fühle ich mich einfach abgestoßen von der Art, wie die Leute sich immer weiter unterhalten… so schnell… und doch so oberflächlich. Das ist, was ich am wenigsten mag.
Es ist nicht so, dass ich Menschen im Allgemeinen nicht mag, aber ich kann einfach nicht verstehen, wie Menschen sich einfach umarmen können, kurz nachdem sie sich überhaupt erst kennengelernt haben. Und das könnte ich mir niemals antun.
Aber auf eine Party zu gehen und mit niemandem zu reden, ist unanständig. Um den Anstand zu wahren, musste ich es tun.
Es war schrecklich für mich. Es ist so, als ob man in ein fremdes Land kommt und du bist gezwungen, mit jemandem zu reden… mit so vielen Leuten zu reden, und du hast eine Stoppuhr und deine Zeit läuft ab.
Es ist nicht so, dass ich Menschen hasse, aber es ist eine Tatsache, dass ich mich nicht wohl mit ihnen fühle. Mir fällt es schwer, mich gleich bei der Begegnung im Gespräch mit einem beliebigen Menschen zu öffnen. Dass Leute normalerweise introvertierte Menschen als “Menschenhasser” sehen, ist eine Fehlwahrnehmung.
Ich hasse Menschen nicht. Warum sollte ich? Diese Frage hat mich schon immer beschäftigt.
Was ist mein Problem? Ich habe deswegen Kurse in Psychologie besucht, um meine Natur besser zu verstehen.
Auf Social-Media-Seiten fand ich auch heraus, dass ich nicht allein war. Und es geht auch nicht darum, Menschen zu hassen. Es geht darum, sich mit denjenigen wohl zu fühlen, mit denen man interagiert.
Gespräche bedeuten mir sehr viel; Gespräche sind mir wichtig, und durch Gespräche baue ich Beziehungen mit Menschen auf. Damit ein gutes Gespräch heranreifen kann, brauche ich Zeit, Raum und die richtige Art von Frequenz.
Menschen sind wunderbare Wesen. Und die menschliche Psyche ist sogar noch wunderbarer. Ich kann nicht von jedem Menschen, den ich treffe, erwarten – und natürlich erwarte ich es auch nicht – dass er so denkt wie ich, dass er so handelt wie ich, dass er die Dinge liebt, die ich liebe, dass er die Dinge tut, die ich tue.
Aber andererseits weiß ich, dass es auch andere Menschen wie mich gibt.
In Menschengruppen kann man unmöglich auf Anhieb sagen, welche Art von Menschen anwesend ist. Es könnte auch introvertierte Menschen wie mich geben, wer weiß! Auf sozialen Medien sieht man eine Menge Memes über Introvertierte. Sogar mir macht es Spaß, welche zu entwerfen.
Ich liebe mein Zimmer, meine Kaninchen und meine Bücher. Hier fühle ich mich mit mir selbst wohl. Ich liebe es, für mich zu sein und ich habe keine Angst vor dem Alleinsein. Ich genieße das, wahrscheinlich, weil ich versuche, den Gefahren fruchtloser Beziehungen zu entkommen.
Es verstört mich, wie Menschen sich schon nach einem Moment anfreunden, wie sie sich einander annähern und wie sie wieder auseinanderdriften.
Das liegt an den oberflächlichen Gesprächen. Bis und solange man keine tiefgründigen Gespräche mit einem Menschen führt, kann man ihn weder wirklich kennen noch richtig verstehen.
Ich mag es, mich bei einem Kaffee mit Leuten zu unterhalten und über das Leben zu diskutieren. Ich muss mich wohl mit ihnen fühlen.
Für mich braucht es einen großen Anstoß, um aus meinem Wohlfühlbereich hervorzukommen. Jeden Tag gebe ich mir mehr Mühe.
Meine Altersgenossen haben mich immer unterstützt. Ich mag den Gedanken nicht, mir die Zeit mit Sozialkontakten zu vertreiben und ich ziehe daraus kein Glück.
In letzter Zeit habe ich aber versucht, ein Gleichgewicht zu finden. Manchmal genieße ich eine Pause von meinem Wohlfühlbereich und werfe mich in die Außenwelt.
Ich mag es, Sachen zu erkunden und versuche, auch auf Partys zu gehen. Ich fange Gespräche mit manchen Leuten an – nicht mit zu vielen – und ja, ich stoße auf andere wie mich.
Menschen wie wir lieben es einfach, die Dinge langsamer anzugehen und etwas geistigen Frieden zu haben, ohne eine Stoppuhr im Kopf. Es gibt auch für uns Menschen, die uns so lieben, wie wir sind. Es ist völlig okay, ein wenig anders zu sein.