Es scheint eine weitverbreitete Fehlannahme zu sein, dass jemand, der sagt, er sei einsam, auch mit sich selbst unglücklich ist. Die Gesellschaft hat irgendwann entschieden, dass das eine nicht ohne das andere geht.
Wenn du zusehen willst, wie ich mir frustriert die Haare ausreiße, brauchst du nur eine Variation der folgenden Dinge zu sagen:
“Verlasse dich nicht auf jemanden anderen, um dich glücklich zu machen.”
“Sei glücklich mit dir selbst und das sollte genug sein.”
“Wie kannst du von jemandem erwarten, mit dir eine Beziehung zu wollen, wenn du dich mit dir selbst nicht vollkommen wohlfühlst?”
Ich weiß nicht, warum diese Idee da draußen herumfliegt, dass Zufriedenheit mit sich selbst und Einsamkeit untrennbar miteinander verbunden sind.
Sie sind es nicht. Es gibt viele Dinge, die ich an mir mag. Und es gibt noch viel mehr Dinge, die ich an mir nicht mag.
Ich habe mit Depressionen zu tun gehabt, seit ich sechzehn bin und bin also mit Selbsthass und den furchtbaren Dingen, die wir uns selbst erzählen können, durchaus vertraut.
Depressionen bedeuten aber nicht, dass ich nicht ehrlich einsam sein kann. Sie bedeuten auch nicht, dass ich nicht glücklich sein oder mich mit mir selbst wohlfühlen kann.
Und die Dinge, die ich an mir nicht mag, werden nicht dadurch verursacht, weil ich einsam bin, und ich bin nicht einsam, weil ich Dinge an mir nicht mag. Ich bin einsam, weil ich allein bin.
Ich lebe ein einsames Leben ohne jemanden, zu dem ich abends nach Hause komme und mit dem ich die alltäglichen Details meines Lebens teilen kann.
Und obwohl ich es liebe und schätze, Zeit für mich zu haben, bin ich nicht dafür gemacht, alleine zu leben. Ich glaube, die meisten Menschen sind das nicht. Ich halte es nicht für abwegig, mir zu wünschen, verliebt zu sein und mein Leben mit jemandem teilen zu wollen.
Wie kannst du von jemandem erwarten, mit dir eine Beziehung zu wollen, wenn du dich mit dir selbst nicht vollkommen wohlfühlst?
Diese Frage höre ich oft. Moment mal. Du willst mir sagen, dass jeder einzelne Mensch da draußen, der in einer Beziehung ist, zu 100 Prozent glücklich mit sich ist und sich mit sich selbst wohlfühlt? Das kaufe ich dir nicht ab.
Wenn die gesamte Menschheit mit einer Beziehung warten müsste, bis sie mit sich selbst vollkommen und vollständig glücklich wäre (und ihr Partner auch), gäbe es so viel mehr Singles.
In einer perfekten Welt würden wir alle vielleicht all das Potenzial und die Größe in uns selbst sehen und fähig sein, diese Größe nach außen auszustrahlen.
In einer perfekten Welt können wir Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr allein verbringen und damit zufrieden sein, weil wir uns dermaßen wohl mit uns selbst fühlen.
In einer perfekten Welt können wir alle Verantwortung, die uns die Welt auferlegt, problemlos alleine schultern und es ist in Ordnung. Es ist einfach in Ordnung, weil wir toll und glücklich mit uns selbst sind, und alles ist total in Ordnung.
Und wenn wir zufällig in einer Beziehung mit jemandem landen, den wir lieben, ist das nur das Sahnehäubchen auf dem Kuchen.
Tja, lass mich dir einen Realitätscheck geben: Die Welt funktioniert so nicht. Und meine Welt funktioniert so ganz sicher nicht.
Ich bin nicht dafür gemacht, zeitweise monatelang ohne menschliche Berührung auszukommen. Ich bin nicht dafür gemacht, nie die Priorität Nummer eins für jemanden zu sein, oder nie jemanden zu haben, der dies für mich ist.
Das heißt nicht, dass es in meinem Leben keine Menschen gibt, denen ich etwas bedeute und die mir etwas bedeuten. Einsam zu sein wertet ihre oder meine Gefühle nicht ab. Wir leben nicht in einer schwarz-weißen Welt. Es ist nicht entweder nur das eine oder nur das andere.
Aber nimm bitte nicht an, dass ich all mein Glück von diesem anderen Menschen abhängig mache, nur weil ich in einer Beziehung sein will.
Es gab Zeiten, und wenn ich ehrlich bin, gibt es gerade Zeiten, in denen die Einsamkeit unerträglich ist und ich anfange zu denken, dass verliebt zu sein alles in Ordnung bringen und mich in Ordnung bringen würde.
Ich denke: Wenn ich nur Liebe hätte, wäre alles okay. Ich könnte dann mit diesem ganzen anderen Mist klarkommen.
Aber ich weiß jetzt, dass Liebe nicht alles in Ordnung bringen kann, selbst wenn ich wünschte, dass es wahr wäre. In einer Beziehung zu sein wird mich nicht in Ordnung bringen. Sie wird mich nicht plötzlich von all meinen Unsicherheiten heilen oder mich von all meinen Komplexen befreien.
Liebe besiegt nicht alles. Aber sie könnte vielleicht ein paar Dinge etwas erträglicher machen.
Denn schlussendlich kann ich mich selbst lieben und mir trotzdem wünschen, dass auch jemand anderes mich liebt.