Auch wenn es wohlbekannt ist, dass Kindheitstrauma schwerwiegende Auswirkungen auf die emotionale und psychische Gesundheit eines Menschen haben kann, übersehen wir oft die physischen Veränderungen, die dabei auftreten.
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Schwierigkeiten in der frühen Kindheit Menschen auf einer tieferen, körperlichen Ebene verändern können.
Wenn du ein Kind siehst, das emotionales oder psychisches Trauma erlebt hat, gelten deine ersten Sorgen wahrscheinlich seinem emotionalen Wohlergehen, ob es die nötige professionelle Hilfe bekommt und ob es dauerhafte psychische Probleme haben wird.
Mit Entwicklung der Wissenschaft haben wir jedoch herausgefunden, dass diese Art der Kindheitserfahrung sogar körperliche Veränderungen verursachen kann, Veränderungen, die sich bis weit in unser Erwachsenenleben ziehen.
#1 – Es hat sich gezeigt, dass Schwierigkeiten in der frühen Kindheit die neuronalen Verbindungen des Gehirns schwächen, insbesondere bei Mädchen.
Die neuronalen Verbindungen im Gehirn sind unglaublich wichtig dafür, dass unser Gehirn optimal funktioniert. Studien haben aber gezeigt, dass diese wichtigen Verbindungen bei Kindern geschwächt werden können, die in jungen Jahren Widrigkeiten ausgesetzt sind.
Jungen wie Mädchen wiesen eine Schwächung der Verbindung zwischen dem präfrontalen Cortex und dem Hippocampus festgestellt, bei Mädchen bestand jedoch auch eine Schwächung zwischen dem präfrontalen Cortex und der Amygdala.
Dies ist wichtig, da diese bestimmte Verbindung dafür verantwortlich ist, wie wir Stress und Gefahr wahrnehmen und verarbeiten. Wenn ein Kind alles im Leben als gefährlich ansieht und durchgehend Angst und Furcht empfindet, wird dadurch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass es später im Leben Angst und/oder Depressionen entwickelt.
#2 – Über längere Zeit Stresssituationen ausgesetzt zu sein kann das Gehirn sogar schrumpfen lassen.
Ob du es glaubst oder nicht: Wenn ein Kind in einer extremen Stresssituation aufwächst, wie einem missbräuchlichen häuslichen Umfeld oder einer toxischen Familienumgebung, kann dies zu einer Größenveränderung des Gehirns führen.
Unter Verwendung von Magnetresonanztomographie (MRT) haben Wissenschaftler entdeckt, dass bei Kindern, die extremeren Graden von anhaltendem Stress ausgesetzt sind, die Größe des Hippocampus abnimmt.
Dies ist der Bereich des Gehirns, der nicht nur für die Verarbeitung von Stress zuständig ist, sondern auch für die Verarbeitung unserer Erinnerungen und Emotionen, was sich auf die emotionale Selbstregulationsfähigkeit auswirkt.
# 3 – Frühes Kindheitstrauma kann zu einer erheblichen Hormonspiegelverschiebung beim Kind führen.
Das hormonelle Gleichgewicht unseres Körpers ist für sehr viel mehr verantwortlich als nur unser emotionales und geistiges Wohlbefinden. Wenn unsere Hormone aus dem Takt sind, können sie erhebliche Auswirkungen auf Aspekte unserer körperlichen Gesundheit haben. Frühkindliches Trauma erhöht den Spiegel von Stresshormonen im Körper, einschließlich Cortisol und Adrenalin.
Diese Hormone erhöhen unter anderem den Blutdruck, schwächen das Herz, stören den Blutzuckerspiegel und schwächen das Immunsystem. Als Folge können extreme Stresslevel als Kind zu schlechter körperlicher Gesundheit im späteren Leben führen.
#4 – Frühkindliches Trauma kann zur vorzeitigen Alterung auf zellulärer Ebene führen.
Wir reden davon, dass jemand eine “alte Seele” hat, aber hast du dir je überlegt, was diese Aussage wirklich bedeuten könnte? Wissenschaftler haben Beweise entdeckt, dass frühes Trauma im Leben eines Kindes tatsächlich seine Gesundheit und sein Wohlbefinden auf zellulärer Ebene beeinflussen kann.
Wenn du dir die DNA-Stränge eines gesunden Kindes ansehen würdest, würdest du sehen, dass am Ende jedes Strangs Telomere wie eine Art Schutzkappe vorhanden sind, die sicherstellen, dass sie intakt bleiben.
Wenn man sich allerdings die DNA von Kindern ansieht, die frühes Trauma erlebt haben, so scheint bei diesen Telomeren eine Erosion in einer Geschwindigkeit stattgefunden zu haben, die man bei einem älteren Menschen erwarten würde. Kurz gesagt können frühe Traumata möglicherweise die DNA-Stränge in unserem Körper altern lassen.
#5 – Widrigkeiten in der Kindheit schwächen das Immunsystem und erhöhen das Krankheitsrisiko für Kinder.
Wie schon unter Punkt 3 erwähnt, ist eine der durch Hormonveränderungen infolge von erhöhtem Dauerstress verursachten körperlichen Auswirkungen ein geschwächtes Immunsystem. Unser Immunsystem spielt eine enorm wichtige Rolle für unsere allgemeine Gesundheit und unser Wohlbefinden, da es den Körper gegen Bakterien, Viren, Infektionen, Entzündungsreaktionen und mehr verteidigt.
Ist dieses System geschwächt, sind wir sehr anfällig für Krankheiten. Das kann etwas Kleines, wie sich mit einer einfachen Erkältung anzustecken, aber auch weitaus ernster, wenn diese Krankheiten Gelegenheit bekommen, fortzuschreiten. In manchen Fällen kann ein geschwächtes Immunsystem sogar zu erhöhtem Sterblichkeitsrisiko beitragen.
#6 – Es wirkt sich auf unsere Fähigkeit aus, Stress effektiv zu handhaben.
Wenn du als Kind ständig Stresssituationen ausgesetzt bist, kann das deine Fähigkeit beeinträchtigen, im späteren Leben mit Stress umzugehen. Wenn wir Stress ausgesetzt sind, reagiert unser Körper darauf mit der Ausschüttung von Stresshormonen, die die “Kampf oder Flucht”-Reaktion auslösen.
Wenn wir aber über einen zu langen Zeitraum Stress ausgesetzt sind, wodurch unser Körper in einen dauerhaften Stresszustand gerät, machen wir einen Prozess durch, der als DNA-Methylierung bekannt ist und bei dem sich Marker an die Gene heften, die diese Stressreaktion regulieren, und sie an einer effektiven Funktion hindern.
Als Folge davon überreagieren wir selbst auf die kleinsten Stressauslöser und sind immer kurz davor, uns vom Leben völlig überfordert zu fühlen.
#7 – Dauerstress in frühem Alter kann sich auf die effektive Reaktionsfähigkeit des Gehirns auswirken.
Das menschliche Gehirn arbeitet ständig und schaltet nie ganz ab. Es ist wie eine Art “Leerlauf” zwischen den Gedanken und Reaktionen auf die Welt um uns herum. Dies ist als das Default Mode Network, oder “Ruhezustandsnetzwerk”, bekannt und sorgt dafür, dass das Gehirn immer wach, reaktionsfähig und einsatzbereit ist.
Wenn ein Kind über einen längeren Zeitraum in den “Kampf oder Flucht”-Modus gezwungen wird, wird diese Funktion vom Gehirn aus Selbstschutz abgeschaltet.
Als Folge davon ist das Kind nicht mehr fähig, angemessen auf Situationen zu reagieren, die sich in der Welt um es herum ergeben können. Es ist nicht mehr so gut in der Lage, den schnelllebigen Stress der Welt auszuhalten wie diejenigen, die in frühem Alter nicht das gleiche Maß an Stress erlebt haben.
#8 – Entzündungen im Gehirn infolge von Dauerstress können den allgemeinen Tonus des Gehirns verändern.
Das Gehirn ist ein faszinierendes Organ mit einer unglaublichen Fähigkeit, sich selbst zu regulieren, indem es Neuronen und Verbindungen im Verlauf des Lebens “zurückschneidet”, wodurch der Aufbau und die Funktionsweise des Gehirns basierend auf unseren regelmäßigen Erfahrungen und Situationen verändert wird.
Wenn ein Kind jedoch sehr viel Stress im Leben ausgesetzt ist, wird dieser Prozess unterbrochen, wodurch ein Strom von Neurochemikalien von den Zellen im Gehirn freigesetzt wird, der zur Neuroinflammation führt. Dies wiederum kann zu einer kompletten Veränderung des Tonus des Gehirns führen und dadurch das Risiko schlechter Entscheidungsfähigkeit und der Entwicklung von Stimmungsstörungen im späteren Leben erhöhen.
#9 – Durch erhöhten Stress verursachte entzündungsfördernde Chemikalien können durch den ganzen Körper getragen werden.
In den letzten Jahren hat die Wissenschaft eine bahnbrechende Entdeckung gemacht, die für immer verändern wird, wie wir die Verknüpfung von Körper und Geist betrachten. Statt die beiden als getrennte Systeme zu sehen, die völlig unabhängig voneinander arbeiten, wurden Hinweise gefunden, dass Immunzellen über die Lymphgefäße durch den ganzen Körper wandern, einschließlich zum und vom Gehirn.
Wenn also ein Kind als Folge von Dauerstress einen Zustrom entzündungsfördernder Chemikalien erlebt, werden diese Chemikalien ebenso durch den gesamten Körper getragen. Dies liegt dem Verständnis zugrunde, wie Stress tatsächlich zu körperlichen Schmerzen im ganzen Körper führen kann.