Ich wusste es früher, als ich es mir eingestand.
Ich wusste es in dem Moment, als er zum ersten Mal sagte, er „habe gerade keine Kapazität für etwas Ernstes“, aber trotzdem blieb. Als er mir sagte, wie schön es sich mit mir anfühlt – aber nie fragte, wie ich mich eigentlich fühle.
Ich wusste es, als ich auf sein „Ich melde mich später“ immer wieder mit offener Hoffnung reagierte, auch wenn das Später nie kam. Ich wusste es in den Lücken zwischen seinen Nachrichten, in der Art, wie ich mich leise rechtfertigte, wenn er mich vergaß.
Ich war nicht irgendwer. Ich war nicht bedeutungslos. Aber ich war auch nie wichtig genug. Ich war die, mit der er schlief – körperlich nah, emotional weit entfernt. Ich war die, die er mochte, solange ich ihn nicht infrage stellte.
Die, zu der er kam, wenn er Bestätigung brauchte. Die, bei der er sich weich anlehnen konnte, wenn er sich im Rest der Welt hart machen musste.
Und weil ich ihn mochte – wirklich mochte – blieb ich. Ich redete mir ein, dass alles Zeit braucht. Dass ich ihm erst beweisen müsse, dass er sich bei mir sicher fühlen kann. Dass seine Unklarheit keine Absicht ist, sondern Angst.
Ich glaubte, meine Geduld würde ihn überzeugen. Meine Zurückhaltung ihn beruhigen. Meine Offenheit ihn berühren. Ich glaubte, er müsse nur lange genug fühlen dürfen, dass ich keine Bedrohung bin – und dann würde er sich irgendwann entscheiden. Für mich.
Aber mit jedem Monat, in dem er blieb, ohne zu wählen, wurde ich leiser. Ich fing an, mich selbst zurückzunehmen. Ich stellte keine Fragen mehr, weil ich die Antworten fürchtete.
Ich sprach meine Bedürfnisse nicht mehr aus, weil ich spürte, dass er sie nicht hören wollte. Ich beobachtete mich selbst dabei, wie ich „locker“ und „verstehend“ war – obwohl ich mich innerlich längst leer fühlte.
Und irgendwann wurde mir klar:
Ich war nicht die Frau, mit der er wirklich war. Ich war nur die, bei der er nicht allein war.
Ich war nicht seine Wahl. Ich war seine Gewohnheit. Ich war nicht sein Herz. Ich war sein Trostpflaster.
Ich habe darauf gewartet, dass er sich entscheidet – und dabei übersehen, dass er längst entschieden hatte.
Nicht aktiv. Nicht aus Härte. Sondern aus Bequemlichkeit. Aus Feigheit. Aus einer inneren Unsicherheit, die nicht laut sagt: „Ich will dich nicht“, sondern einfach nie laut sagt: „Ich will dich wirklich.“
Und genau darin liegt der Schmerz. Nicht in der Ablehnung. Sondern in der ständigen Halbdistanz. In der Unklarheit. In dem stillen Gefühl, dass du zwar gemeint bist – aber nie ganz.
Ich habe so lange gehofft, dass er mich sieht, dass ich dabei aufgehört habe, mich selbst zu sehen. Ich war loyal in einer Verbindung, die nie verbindlich war. Ich war treu gegenüber einem Versprechen, das nie ausgesprochen wurde. Ich war geduldig mit einem Mann, der nie auf dem Weg zu mir war – nur immer auf der Durchreise.
Und das Schlimmste ist: Ich habe begonnen, mich selbst in Frage zu stellen.
Warum reicht es nicht?
Warum wählt er mich nicht?
Warum bleibe ich, obwohl ich mich klein fühle?
Aber heute weiß ich: Nicht ich war zu wenig.
Er war nur nie bereit für ein Gegenüber, das sich nicht kleinmacht.
Er konnte mich nicht wählen, weil er sich selbst nie ganz begegnet ist.
Und ich? Ich war nicht „zu viel“. Ich war nur zu nah dran.
Ich habe das gehalten, was er in sich selbst nicht halten konnte. Und deshalb musste ich immer auf Abstand bleiben.
Wenn du dich in diesen Zeilen wiederfindest – wenn du gerade die bist, die wartet, hofft, schweigt – dann stell dir nicht mehr die Frage, ob du gut genug bist.
Stell dir eine andere: Was sagt es über einen Menschen aus, der dich begehrt, aber nie ganz bei dir bleibt? Der deine Nähe sucht, aber deine Tiefe vermeidet? Der dich küsst, aber dein Herz meidet?
Man wählt, was man halten will. Man spricht aus, was man verlieren fürchtet. Und man kämpft um das, was Bedeutung hat.
Wenn er all das nicht tut, ist er vielleicht nicht böse – aber auch nicht bereit.
Und du bist nicht dafür da, auf halber Strecke stehen zu bleiben, nur weil jemand zu ängstlich ist, ganz anzukommen.
Du bist kein Trostpflaster. Kein Lückenfüller. Keine Option.
Du bist ein Mensch mit Herz, mit Sehnsucht, mit Tiefe.
Und du verdienst jemanden, der das nicht nur erkennt – sondern wählt.
Klar. Offen. Ohne Verzögerung.
Und wenn du das Gefühl hast, dass du ihm wichtig bist – aber nie wichtig genug: Dann hör auf, das in Frage zu stellen. Und fang an, dich selbst wieder ernst zu nehmen.
🖤