Das erste Mal, als ich dachte, dass ich unter Angstzuständen litt, war an der Uni, als jeder um mich herum eine Art von Angst verspürte…
Meine Kollegen kämpften mit Stress, weil sie weit weg von zu Hause waren, sie viele Aufgaben hatten, Probleme in Beziehungen erlebten, unerklärliche Gewichtszunahme bekamen und sich wegen allem schlecht fühlten.
Zumindest waren meine Jahre auf der Uni einfacher, weil ich nicht so stark von Social Media beeinflusst wurde. Meine Freunde und ich haben nicht alles gepostet, was wir getan haben, sondern die Dinge so genossen, wie sie passiert sind. Es war die Zeit, bevor die Generation unserer Eltern Facebook übernahm und damals teilten wir nicht die Bilder mit unseren Tanten und Onkeln.
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie traurig ich war, als ich ein paar Kilo zugenommen habe und ich wusste, dass, wenn ich dieses Gewicht verliere, alles wieder in Ordnung sein wird. Ich war die ganze Zeit verwirrt und obwohl ich wusste, dass ich mich nicht so benehmen sollte, hatte ich trotzdem immer wieder ein schlechtes Gefühl. Ich hatte noch nie gute Bewältigungsfähigkeiten und jedes Mal, wenn mir jemand konstruktive Kritik anbot, fing ich an, mit dieser Person zu streiten.
Seit frühester Kindheit hatte ich immer Angst vor der Zukunft und dem Unbekannten.
Ich sorgte mich darum, was als Nächstes passieren würde. Ich konnte nie erklären, warum ich mich so fühlte, aber alles fing damit an, als mein Vater jede Nacht sehr spät nach Hause kam und ich Angst hatte, dass ihm etwas Schlimmes zustoßen könnte. Doch dann, als er nach Hause kam, wurde mir klar, dass meine Angst unbegründet war. Während der Prüfungsphase geriet ich immer in Panik, doch als sie vorbei war, fühlte ich mich glücklich und zufrieden.
Ich dachte die ganze Zeit, dass solches Verhalten normal war. Aber war es das?
Ich habe sogar Psychologie studiert, um mich selbst zu verstehen, besser gesagt, um all meine Ängste, Gedanken und Gefühle verstehen zu können. Mir war klar, dass es viele Menschen gab, die mit den gleichen Problemen wie ich zu kämpfen hatten, aber ich wusste nicht, wie ich diese endlosen Gedanken in meinem Kopf beenden sollte, die mich nachts stundenlang wach hielten. Ich hasste das Wort „Nachdenken“.
Immer als ich irgendwo hinflog, fragte ich mich, ob mein Flugzeug sicher landen wird und jedes Mal, wenn ich mit meinem Auto eine Reise antrat, fragte ich mich, ob ich auf der Autobahn auf einen Serienkiller stoßen würde. Ich war immer sehr vorsichtig und paranoid und mein Lebensmotto war „Die Sicherheit steht an erster Stelle“. Ich habe immer Listen erstellt und habe alles immer doppelt und dreifach überprüft. Manche Leute haben mich als die Zentrale für Zwangsstörungen genannt.
Meine Angst vor Unsicherheit und dem Unbekannten begann sich auch in anderen Bereichen meines Lebens zu manifestieren.
Ich hatte Angst, meine Gefühle einem Mann zu zeigen, denn was, wenn die Beziehung nicht funktioniert oder er mich verlässt. Am meisten fürchtete ich mich davor, dass dieser Mann nicht die richtige Person für mich war. Ich wollte mich verlieben, aber ich hatte so sehr Angst, dass mir jemand das Herz brechen würde, also hielt ich mich lieber von Männern fern. Ich habe immer meinen Partner verlassen, bevor er die Chance bekam mich zu verlassen. Ich hatte Angst vor dem Verlassenwerden und deswegen dachten meine Ex-Freunde, ich sei egoistisch.
Ich stellte jeden Job infrage, den ich je hatte. Ich habe immer hart gearbeitet, aber ich habe mich immer gefragt, was wenn ich nicht dazu bestimmt bin, diese Arbeit auszuüben. Ich konnte in nichts Befriedigung finden, ich hatte immer das Gefühl, dass etwas fehlte. Ich lehnte die meisten Vorstellungsgespräche ab, weil ich das Gefühl hatte, dass dies nicht die richtigen Jobs für mich waren oder ich sagte sie ab, indem ich mir in letzter Sekunde eine Ausrede ausdachte. Ich hatte solche Angst vor dem Scheitern.
Meine Gewohnheit, alles zu kontrollieren, einen Plan für alles in meinem Leben zu haben, gab mir das Gefühl, mehr Kontrolle über mein Leben zu haben, aber jeder dachte, ich müsse spontaner sein. Ich bin eine Person, die alles plant. Ich will nicht nur einfach so irgendwelche Dinge tun, denn was, wenn etwas schiefläuft?
Ich leide unter Angstzuständen und ich hasse das. Die Leute denken, dass ich melodramatisch bin, wenn ich damit kämpfe, den Tag zu überstehen, ohne auszuflippen. In der Öffentlichkeit komme ich sehr gut damit zurecht, aber wenn ich allein bin, habe ich immer solche Angst vor all den schlechten Dingen, die passieren könnten.
Jeden Morgen, wenn ich aufwache, hasse ich das Aufstehen aus dem Bett und ich habe Angst mich dem Tag, der kommt, zu stellen, aber ich mache es. Ich erstelle eine Liste von all den Dingen, die ich an dem Tag schaffen will und die einzige Sache, die mich glücklich macht, ist das Setzen von Häkchen an die Dinge, die ich erledigt habe.
Ich fahre Fahrrad jeden Tag und bete, dass mich die Angst eines Tages verlassen wird und ich dazu fähig sein werde, mich zu entspannen. Ich liebe es zu glauben, dass ich sehr weit von der Angst wegfahren kann, aber sie schafft es immer wieder mich einzuholen.
Wenn ich mit meinen Freunden zusammen bin, scherze ich immer und erzähle Witze, denn ich liebe es Menschen zum Lachen zu bringen. Somit vergesse ich, was in meinem Kopf vor sich geht, aber tief in meinem Inneren sterbe ich vor Angst. Ich sterbe, weil ich weiß, dass all die Ängste die ich habe, irrational sind, aber aus irgendeinem Grund kann ich sie nicht loswerden.
Als ich jünger war, dachte ich, dass die paar Kilos mehr der Grund für meine Angstzustände waren und es mir besser gehen würde, wenn ich abnehme, aber sogar der perfekte Körper konnte es nicht schaffen, mir ein Gefühl von Zufriedenheit zu geben. Ich musste jeden Tag mit der Angst kämpfen und die Menschen um mich herum dachten, dass ich nur Aufmerksamkeit wollte, aber in Wirklichkeit hatte ich nur Angst vor dem Unbekannten.
Manchmal ist mein Leben ziemlich schwer. Wenn ich alleine bin, weine ich, ohne einen bestimmten Grund dafür zu haben und nach ein paar Minuten fühle ich mich gut und lache darüber, weil ich mich so schlecht fühlte.
Wenn ich eine Panikattacke bekomme, ergibt nichts einen Sinn, ich sehe in nichts irgendeine Logik und fühle mich vollkommen von dem Gefühl gefangen, dass die Angst nie verschwinden wird. In diesen Momenten sage ich mir selbst, dass diese Situation vergehen wird und dann passiert es auch, aber die Angst kehrt immer wieder zurück.
Dieses Gefühl ist ziemlich schwer meinen Freunden und meiner Familie zu erklären, ohne dass sie mich bemitleiden, oder denken, mit mir wäre etwas nicht in Ordnung. Es raubt mir so viel Kraft, ihnen meinen Zustand zu beschreiben. Dies erschöpft meine Seele. Dies ist eine schwierige Aufgabe, mit der ich jeden Tag zu kämpfen habe und ich muss dies meinen Liebsten immer erklären, ohne mich als eine verrückte Person zu fühlen.
Ich bin keine Drama Queen, sondern habe mit Angstzuständen zu kämpfen und manchmal fühlt es sich wie eine Herausforderung an, den Tag zu überleben. Die Liebe, die ich von anderen Menschen bekomme, hilft mir diese Panikattacken zu besiegen und ich weiß, dass unabhängig von allem, sie mich unterstützen werden. Die einzige Sache, die mir hilft zu leben, ist das Wissen, dass es Menschen gibt, die mich lieben, obwohl sie nie verstehen werden, wie ich mich fühle – und das ist für mich in Ordnung.
Ich weiß inzwischen, dass ich von der Angst nicht wegrennen kann, und ich weiß, dass es keinen Zauberschlüssel dafür gibt, der einfach die Tür in eine Welt des inneren Friedens und der seelischen Ruhe öffnet. Ich habe so viel versucht, ich kann sie einfach nicht abschütteln. Allerdings hilft es, wenn ich in einigen Momenten den Mut aufbringe, meine Ängste zu akzeptieren und mich nicht dafür vor anderen zu schämen.
Ob irgendwann der Aha-Moment kommen wird, wenn sich alles ändert und ich frei von der Angst bin, bleibt ungewiss.