Manche Menschen können ihre Gefühle gut ausdrücken, andere sind dagegen nicht dazu in der Lage, und das hat einen Namen: Alexithymie. Was bedeutet das? Warum ist es ein Problem? Sprechen wir darüber.
Was ist Alexithymie?
In der Psychologie bedeutet Alexithymie die Schwierigkeit, die eigenen Gefühle zu erkennen, zu verstehen und auszudrücken. Aber das Problem hört damit noch nicht auf. Ein Mensch mit Alexithymie hat auch Schwierigkeiten, die Emotionen anderer zu erkennen, was auch für Menschen mit Asperger-Syndrom charakteristisch ist.
Dir deiner Emotionen nicht bewusst zu sein, ist auf vielen Ebenen ein Problem. Es führt zu Schwierigkeiten in Beziehungen, da es den Aufbau einer starken Kommunikation und das gegenseitige richtige Verständnis unmöglich macht. Zudem kann es Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben! Wenn wir unsere Emotionen einbehalten, zerfressen sie uns oft von innen heraus. Am Ende essen wir unsere Emotionen oder manifestieren sie physisch. Mit anderen Worten: Wir haben am Ende als Folge des schlechten Umgangs mit unseren Emotionen echte körperliche Symptome.
Was verursacht Alexithymie?
Die Ursachen der Alexithymie sind nicht komplett bekannt, es gibt aber oft einen Umweltfaktor. Dies geschieht häufig in der Kindheit und wird in der Bindungstheorie erklärt. Das Vorbild, das Bezugspersonen vorleben, ist entscheidend, es prägt uns als Menschen und unsere Beziehungen zu anderen.
Alexithymie entwickelt sich also bei Bindungsstörungen wie Verlassenwerden durch die Eltern, Vernachlässigung durch die Eltern, einer schwierigen Scheidung usw. Emotionale Wunden wie die Angst vor Zurückweisung oder gar Verlassenwerden sind ebenfalls für das Auftreten von Alexithymie verantwortlich. Die Kindheit ist eine entscheidende Zeit, in der viele Dinge passieren können, die sich darauf auswirken, wie wir uns selbst und unsere Gefühle wahrnehmen.
Woher weißt du, ob du Alexithymie hast?
Wenn du dir deiner Emotionen nicht bewusst bist, ist es unmöglich, es aus der Distanz zu betrachten. Ja, wir haben Schwierigkeiten, aber wir wissen nicht, warum!
Hier sind ein paar Dinge, die du tun kannst, um herauszufinden, ob du Alexithymie hast:
Die Unfähigkeit, Emotionen zu erkennen
Wenn du an Alexithymie leidest, kochst du oft über. Du hast entweder angenehme Empfindungen, die mit positiven Emotionen korrespondieren, oder unangenehme Empfindungen, die mit negativen Emotionen korrespondieren. Allerdingst kannst du keine Verbindung zwischen deinem Geisteszustand und einer bestimmten Emotion herstellen.
Manche Menschen können primäre Emotionen identifizieren, aber nicht bis zu den sekundären Emotionen vordringen oder die Intensität beschreiben.
Starke körperliche Symptome
Essstörungen, Ekzeme, Asthma, Bluthochdruck, Schlafstörungen … Dies ist eine nicht vollständige Liste der körperlichen Symptome, die durch Alexithymie verursacht werden können. Sehr oft konzentrieren wir uns auf diese Faktoren, weil sie sichtbar und präsent sind, nur dass es in Wirklichkeit die Schwierigkeit ist, unsere Emotionen auszudrücken, die diese Symptome verursacht.
Jemand, der sich beispielsweise in Wut und Ärger einschließt, diese aber nicht kommuniziert, hat ein höheres Risiko für gesundheitliche Probleme wie ein Magengeschwür.
Wenig Empathie
Wie sollst du dich in die Lage anderer Menschen versetzen und nachempfinden, was sie durchmachen, wenn du dich selbst nicht verstehen kannst? Es ist natürlich unmöglich.
Dieser Kritik sind Menschen mit Alexithymie häufig ausgesetzt: Sie sind nicht einfühlsam genug. Sie können die Gefühle anderer Menschen nicht nachempfinden und sich echte Gedanken um ihre Belange machen. Manche Menschen nehmen eine emotionale Aufladung wahr, können sie aber nicht teilen, was von ihren Mitmenschen als schlecht empfunden wird. Oberflächlich betrachtet wirkst du wie ein sehr selbstbezogener Mensch.
Wenig verbale Kommunikation
Wenn uns die Worte fehlen, um eine Situation, ein Gefühl oder eine Erinnerung zu beschreiben, sagen wir lieber gar nichts. Auch das Gegenteil trifft zu: Es fällt uns schwer zu verstehen, was andere sagen und vermitteln wollen. Als Folge davon haben wir weniger soziale Interaktionen und Bindungen, weil wir es zu schwierig finden, uns auszudrücken.
Wenig Ausdruck
Während sich körperliche Symptome zeigen können, haben Menschen mit Alexithymie keinen großen Ausdruck. Es ist ihnen nicht möglich, in Tränen auszubrechen oder laut zu lachen. Ihre Reaktionen sind ausdruckslos, ihr Körper fast starr, weil ihre Gefühle zu tief vergraben sind.
Unterentwickelte Intuition
Menschen mit Alexithymie haben wenig Intuition und konzentrieren sich lieber auf konstruierte Gedankengänge, auch wenn es für andere unlogisch erscheint. Eine sehr pragmatische Vision hilft, wenn du deine Gefühle nicht erkennen kannst, weil sie dir einen Rahmen zum Befolgen gibt, der konkreter erscheint als die „kleine Stimme in deinem Kopf“.
Unsichere soziale Beziehungen
Dies ist genauso eine Konsequenz wie ein Symptom. Unsichere soziale Beziehungen oder sogar fehlende Beziehungen sind charakteristisch für Menschen mit Alexithymie. Viele Menschen interpretieren die mangelnde Rücksicht aufgrund des Missverstehens anderer als mangelndes Interesse. Dies ist nicht der Fall, aber die meisten Menschen gehen lieber, weil sie das Gefühl haben, dass ihnen nicht zugehört wird.
Wie kann Alexithymie behandelt werden?
Angesichts der Konsequenzen einer Alexithymie ist die Frage berechtigt, wie damit umgegangen werden kann. Zunächst muss geprüft werden, ob es psychische Störungen gibt, die mit diesem Verhalten verknüpft sind. Depressionen, autistische Störungen oder sogar Psychosen sind oft mit der Unfähigkeit verbunden, deine Gefühle zu erkennen. In solchen Fällen sollte die Krankheit oder Störung statt der Alexithymie behandelt werden.
Wenn du nicht in dieses Spektrum passt, musst du ein wenig in dich hineingehen und überlegen, woher dieses Verhalten kommt. Wie wir vorhin sagten, hat Alexithymie ihre Wurzeln in der Kindheit. Darum muss bestimmt werden, was dieses Verhalten verursacht haben könnte.
Allerdings ist es doch sehr komplex, dies ohne Hilfe zu machen. Egal, ob eine psychische Störung vorliegt oder nicht, ist Therapie besonders wichtig. Ziel der Therapie ist es, das emotionale Defizit auszugleichen und dem Betroffenen zu ermöglichen, wieder mit seinen Gefühlen in Kontakt zu treten. Es gibt verschiedene Therapieformen, am besten ist jedoch die kognitive Verhaltenstherapie geeignet. Patienten mit Alexithymie können dadurch ihre unterschiedlichen Emotionen schrittweise entschlüsseln und wieder vollständig mit sich selbst in Kontakt kommen.
Zu großer Störfaktor
Wenn du feststellst, dass du große Schwierigkeiten hast, deine Gefühle auszudrücken, musst du schnell handeln. Je mehr Zeit vergeht, desto weniger vergeben dir andere für dein distanziertes Verhalten, was zur Isolation führen kann. Ganz zu schweigen von all den anderen Problemen, die durch Alexithymie hervorgerufen werden.
Wenn das schlechte Verstehen von Emotionen für dich ein Problem ist, zögere nicht, einen Therapeuten aufzusuchen. Gemeinsam mit diesem kannst du die Ursache identifizieren und dich weiterbewegen, um wieder eine Verbindung zu deinen Emotionen aufzubauen.