Die Last auf Mamas Schultern – weil Papa fehlt

Es gibt eine Sorte Erschöpfung, für die es keinen Namen gibt. Eine, die nicht einfach mit „Stress“ erklärt werden kann.

Sie hat nicht unbedingt mit zu wenig Schlaf oder zu vielen Aufgaben zu tun, sondern mit dem Gefühl, dass alles auf dir liegt.

Jede Entscheidung. Jeder Streit. Jede Verantwortung. Es ist die Erschöpfung der Frauen, die alles stemmen – weil der Mann, mit dem sie es ursprünglich gemeinsam tragen wollten, emotional oder physisch kaum anwesend ist.

Es ist die Last auf den Schultern von Müttern, die nie wirklich loslassen können, weil niemand da ist, der auffängt.

Wenn Verantwortung einseitig verteilt ist

Laut einer Studie des Bundesfamilienministeriums tragen Frauen in Deutschland auch im Jahr 2025 noch immer den Großteil der Care-Arbeit. Selbst in Paarbeziehungen mit Kindern, in denen beide Elternteile berufstätig sind, leisten Mütter durchschnittlich 52 Stunden pro Woche an unbezahlter Sorgearbeit – Väter hingegen nur etwa 22 Stunden. Die Diskrepanz ist klar messbar – und sie hat Folgen.

Denn neben der Zeit geht es auch um die mentale Last: das ständige Denken für alle. Mütter wissen, wann der Zahnarzttermin ansteht. Sie spüren, wenn das Kind emotional kippt.

Sie organisieren Geburtstage, Weihnachtsgeschenke, Schulsachen, Krankmeldungen, Freundschaften. Und sie tun all das nicht nur, weil sie es gut können – sondern weil es sonst niemand tut. Denn Papa ist nie da. Oder nur punktuell. Oder so abwesend, dass seine Anwesenheit kaum trägt.

Die stille Wut der Frauen, die alles alleine machen

Diese Frauen sind oft leise stark. Sie würden nie sagen, dass sie ihre Kinder bereuen. Im Gegenteil: Die Kinder sind ihre Kraftquelle. Doch sie würden vielleicht sagen, dass sie sich allein gelassen fühlen. Nicht gesehen. Nicht gehört. Nicht mitgemeint.

Sie wachen nachts auf, weil das Kind weint. Stehen morgens früher auf, um Brotdosen zu packen. Verschieben ihre beruflichen Termine, weil niemand anderes die Betreuung übernimmt. Gehen nicht zur Reha, nicht zur Fortbildung, nicht zum Sport – weil es sonst niemand kompensiert.

Sie schlucken das alles. Und sie sagen: „Es geht schon.“ Aber innerlich schreien sie längst. Sie schreien nach Mitgefühl. Nach echter Entlastung. Nach einem Partner, der nicht nur mit im Raum ist – sondern wirklich da.

Was daraus wächst, ist keine Anklage. Es ist stille Wut. Eine, die sich selten offen zeigt. Aber die sich in Erschöpfung, Gereiztheit, Resignation verwandelt. Und in der bitteren Frage: „Was wäre, wenn ich einfach mal weg wäre? Würde dann endlich jemand merken, was ich jeden Tag trage?“

Was das mit den Kindern macht

Kinder spüren, wenn eine Mutter innerlich leerläuft. Sie merken, wenn sie sich aufopfert, statt zu leben. Sie nehmen wahr, wenn sie überfordert ist – auch wenn sie es nicht in Worte fassen können.

Manche Kinder werden besonders brav, um Mama zu schonen. Andere entwickeln auffälliges Verhalten, als unbewusste Reaktion auf das innere Ungleichgewicht in der Familie. Wieder andere ziehen sich emotional zurück.

Was alle verbindet: Sie lernen früh, dass Liebe bedeutet, sich zu verausgaben. Dass mütterliche Liebe aufopfernd ist. Und dass Väter oft da sind, aber wenig tragen. Das prägt. Und es wiederholt sich – wenn niemand es bewusst stoppt.

Emotionale Abwesenheit ist kein kleines Problem

Viele Männer sind physisch anwesend. Sie kommen abends nach Hause, sitzen mit am Tisch, fahren gelegentlich mit in den Urlaub.

Doch wenn sie emotional nicht spürbar sind – wenn sie keine Verantwortung mitdenken, keine Last mittragen, keine echten Fragen stellen –, dann bleibt ihre Anwesenheit hohl.

Emotionale Abwesenheit zeigt sich darin, dass sie sich auf ihre Rolle als „Versorger“ zurückziehen – während ihre Partnerin emotionale Ersthelferin für alle ist. Sie erwarten Anerkennung für jeden Einsatz, während die Frau im Dauerlauf bleibt. Sie glauben, sie „helfen“ – anstatt zu verstehen, dass es ihre Aufgabe ist, mitzumachen.

Ein leerer Stuhl am Abendbrottisch ist traurig. Aber ein anwesender Mann, der innerlich nicht präsent ist, ist oft verletzender.

Warum so viele Männer sich entziehen

Die Gründe dafür sind vielschichtig – aber sie entschuldigen nichts. Viele Männer wachsen mit dem Bild auf, dass Mütter alles regeln. Sie haben nie gelernt, was emotionale Verantwortung heißt. Sie denken, dass Zuwendung eine weibliche Kompetenz ist.

Manche flüchten sich in Arbeit, in Hobbys, in den Bildschirm. Andere sagen: „Sag mir, was ich tun soll“, anstatt selbst mitzudenken.

Verantwortung übernehmen heißt nicht, ab und zu mal zu helfen.

Es heißt, präsent zu sein. Mitzufühlen. Nicht darauf zu warten, dass die Frau wieder daran erinnert, was heute ansteht – sondern selbst mitzuerleben, was gebraucht wird. Es heißt, seelisch mit in der Familie zu wohnen – nicht nur auf der Adresskarte.

Viele Männer haben keine schlechten Absichten. Aber sie haben nie gelernt, präsent zu sein. Und sie haben sich nie die Mühe gemacht, es zu lernen – weil es jemand anderes für sie getan hat. Immer.

Was diese Frauen wirklich brauchen

Sie brauchen keinen Applaus. Keine Blumen am Muttertag. Keine Kommentare wie: „Ich weiß gar nicht, wie du das alles schaffst.“ Was sie brauchen, ist ein Partner, kein Zuschauer.

Einen, der sich selbst in die Pflicht nimmt. Der versteht, dass Liebe Verantwortung heißt. Nicht nur für romantische Gefühle – sondern für das gelebte Alltagsleben.

Sie brauchen echte Entlastung – nicht nur gute Ratschläge. Sie brauchen das Gefühl, nicht allein zu sein. Nicht nur symbolisch, sondern konkret: im Denken, im Tun, im Mitfühlen.

Und sie brauchen gesellschaftliche Strukturen, die das stützen: bessere Betreuungsangebote, fairere Arbeitsmodelle, steuerliche Gleichstellung, Vaterschaftskultur, die nicht nur auf Instagram stattfindet, sondern im echten Alltag.

Was sich ändern muss – in uns und im System

Es ist Zeit, dass wir das Ideal der „alles schaffenden Mutter“ loslassen. Diese Idee macht krank. Sie zerstört Familien. Sie zementiert Ungleichheit.

Es braucht neue Erzählungen – über Väter, die nicht helfen, sondern mittragen. Über Frauen, die nicht mehr alles kompensieren. Über Kinder, die erleben dürfen, dass Liebe kein Ungleichgewicht ist.

Das beginnt im Kleinen: in der Entscheidung, nicht mehr still zu bleiben. In der Bereitschaft, als Paar hinzuschauen. In Gesprächen, die ehrlich sind. In der Frage: „Will ich wirklich, dass meine Kinder dieses Beziehungsmuster für normal halten?“

Und es braucht Mut, Dinge zu benennen. Auch auf die Gefahr hin, unbequem zu werden. Denn wer immer stillträgt, trägt irgendwann gar nichts mehr.

Fazit: Du bist nicht falsch, wenn du müde bist

Wenn du diese Last trägst, ohne zu klagen, aber innerlich immer leerer wirst: Du bist nicht empfindlich. Du bist nicht zu schwach. Du bist nicht falsch. 

Du bist ein Mensch, der längst über seine Grenzen hinausgeht – weil du niemanden hast, der mitzieht.

Vielleicht ist es an der Zeit, das zu benennen. Nicht um zu zerstören. Sondern um etwas Neues zu beginnen. Eine Beziehung, die von Mittragen lebt. Von echter Beteiligung.

Von Verantwortung, die nicht auf einem Rücken ruht. Damit du nicht mehr die einzige bist, die alles sieht. Damit du nicht mehr erklären musst, warum du müde bist.

Sondern damit jemand neben dir steht, der es spürt – und endlich mitträgt.

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