Ich hasse es zuzugeben, dass ich depressiv bin

Ich hasse es wirklich, das zuzugeben, aber das muss ich, denn es ist die Wahrheit: Ich leide unter Depressionen.

Ich habe die meisten Anzeichen und Symptome dieser Krankheit. Ich bin ständig traurig, ängstlich, fühle mich hoffnungslos, schuldig, wertlos oder hilflos, verliere sehr oft das Interesse an Hobbys und Aktivitäten und leide unter Schlaflosigkeit. Ich habe all diese Symptome und sie sind die verräterischen Zeichen dafür, dass ich eine Krankheit in meinem Kopf habe.

Seit Monaten versuche ich schon diese Symptome zu besiegen.

Ja du hast richtig gelesen, schon seit Monaten. Aber sie sind so hartnäckig und egal, was ich getan habe oder tue, sie hören einfach nicht auf. Sie werden nicht verschwinden und diese Tatsache ist unerträglich. Ich bin frustriert, dass mich mein Körper und Geist immer wieder verraten.

Aber tief in meinem Inneren weiß ich, dass es mir gut geht. Ich weiß, dass ich mein Leben in vollen Zügen genieße. Aber irgendwie bleibt dieses Wissen in mir versteckt.

Es findet selten seinen Weg an die Oberfläche, egal welche Medikamente sie mir geben, egal wie viel Therapie ich mache, welche Bücher ich lese, was ich tue oder sage, oder wie ich versuche mit dieser Erkrankung fertig zu werden.

Die positive, friedliche und glückliche Person ist komplett in meinem Gehirn gefangen, das nicht so funktioniert, wie es funktionieren sollte und das macht mich wütend.

Ich will nichts mehr mit diesem defekten Gehirn zu tun haben, weil es beschädigt ist. Besser gesagt, ich will ein neues.

Das Schlimmste für mich ist, dass ich mich wie ein Versager fühle, wenn alle diese Symptome vorhanden sind. Ich versage im Leben, in der Trauer, im Glück, in der Positivität, in der Hoffnung und im Funktionieren in der Gesellschaft. Ich enttäusche mich selbst, als auch meine Kinder und Freunde.

Ich enttäusche die Menschen um mich herum, denn mit der Depression kommt die Unfähigkeit, sich „normal“ zu fühlen oder sich „anzupassen“. Deswegen isoliere ich mich. Ich verstecke mich in meinem Haus vor Menschen, vor Ereignissen und vor dem Leben.

Ein depressiver Außenseiter zu sein, fühlt sich millionenfach schlechter an, wenn man in einer Gruppe von Menschen ist, die glücklich erscheinen und deren Gehirn anscheinend gut funktioniert.

Nichts gibt mir mehr das Gefühl von Einsamkeit, als von Menschen umgeben zu sein.

Aber manchmal kommt es vor, dass ich mich wohl fühle. Meine depressive Seite verschwindet, ich bin glücklich, habe Energie und bin selbstbewusst. Ich kann Dinge erledigen, die ich sehr lange vor mir hergeschoben habe.

Ich trainiere, treffe mich mit Freunden, alles fühlt sich gut an und bin sowas von glücklich. Aber es gibt immer dieses quälende und hartnäckige Gefühl unter all meinem Glück. Und weißt du, was das ist? Es ist eine Depression. Sie lauert immer unter der Oberfläche.

Egal wie glücklich und präsent ich auch sein mag, ich habe aufgehört, mich selbst davon zu überzeugen, dass ich es endlich geschafft habe, sie zu besiegen. Ich habe aufgehört zu denken, dass ich an einem Ort angekommen bin, an dem die „glücklichen“ Menschen wohnen und dass ich jetzt dort wohne.

Ich habe aufgehört zu denken, dass ich mich endlich mit den Menschen identifizieren kann, die ein schlaues Köpfchen haben, das ihnen erlaubt, die Welt durch eine rosarote Brille zu sehen.

Früher habe ich so sehr gehofft, dass alles in Ordnung mit mir sei. Ich würde all diese erwähnten Glücksphasen erleben und denken, dass ich geheilt bin. Aber immer wieder kehren die Verzweiflung und Depression zurück.

Ich versuche, die Energie und Freude zu genießen, die ich empfinde, wenn sie da sind. Ich versuche, die Zeiten zu genießen, wenn ich unter Menschen sein will und wenn ich mich tatsächlich leicht mit ihnen identifizieren kann.

Aber ich weiß jetzt, dass diese Momente vergänglich sind und diese Erkenntnis frustriert mich so richtig. Es scheint so, als ob ich die meiste Zeit unter der Oberfläche verbringen würde und zu den „normalen Menschen“ aufblicke, die da oben herumlaufen.

Aber ich bin nicht naiv. Ich weiß, dass jeder verletzt ist und jeder seine eigene Geschichte mit sich herumträgt. Vielleicht gibt es auch manche die so wie ich unter Depressionen leiden. Vielleicht hat jemand, den ich kenne, die gleichen Probleme wie ich und fühlt eine tiefe Traurigkeit.

Jeder Mensch erlebt Höhen und Tiefen in seinem Leben. Alle. Ich denke, dass einige von uns einfach dazu neigen, mehr im Leben zu leiden und mehr Schwierigkeiten damit zu haben, das Licht am Ende des Tunnels zu sehen.

Das eigentliche Problem ist nicht, dass einige von uns depressiv sind, denn es handelt sich um eine behandelbare Krankheit. Sondern das Problem ist, dass die Gesellschaft die Menschen ablehnt, die darunter leiden.

Also werden wir zu Chamäleons. Wir lernen, uns anzupassen und zu versuchen, so gut es nur geht damit zu leben. Wenn wir uns mutig genug fühlen, uns nach draußen zu wagen, lächeln wir, obwohl dies erzwungen erscheint.

Wenn mich jemand auf der Arbeit fragt: „Wie geht es dir?“, antworte ich: „Ziemlich gut, wie geht es dir?“ Aber drinnen schreie ich: „Mir geht es nicht gut.“ Mein Herz ist in Millionen Stücke gebrochen, die ich nicht wieder zusammensetzen kann.

Ich habe Angst, dass ich mich nie dauerhaft glücklich fühlen werde. Ich gehöre nicht mehr in diese Gesellschaft und ich will keinem mehr etwas vormachen. Ich bin erschöpft. Ich will nach Hause.

Wenn du die meiste Zeit damit verbringst, so zu tun, als würde es dir gut gehen, dann kann das ziemlich anstrengend sein. Wenn ich alleine bin, weine ich sehr oft.

Ich will nicht, dass mich jemand in diesem Zustand sieht, denn es ist peinlich und ich schäme mich dafür. Meine Tränen verberge ich vor allen außer meinem Hund, denn ihm ist es erlaubt, mich so zu sehen.

Was wäre, wenn wir alle unsere wahren Gefühle teilen würden? Zum Beispiel auf Meetings, im Supermarkt, mit unseren Freunden oder der Familie? Was würde passieren, wenn ich die ganze Zeit ehrlich zu meinen Gefühlen wäre?

Würden mich fremde Menschen ansehen, als wäre ich verrückt? Würden mich meine Freunde und Familie ablehnen? Würden sie es satthaben, meine Geschichte über meine Traurigkeit, meinen Schmerz und mein Trauma zu hören? Doch ich werde die Wahrheit nie erfahren.

Meine eigene Mutter sagt mir, ich soll „meine Rüstung anziehen und hart sein“. Sie will offensichtlich nicht den Schmerz und die Traurigkeit in den Worten ihrer Tochter hören. Aber was ist, wenn ich nicht stark sein will?

Was, wenn ich das Bedürfnis habe, zusammenzubrechen, wegen all dem, was ich zum millionsten Mal empfinde?

Was nicht in Ordnung ist, ist sich zu entscheiden, aufzugeben. Meistens ist es ein Kampf, um zu versuchen, über Wasser zu bleiben. Meistens ist es einfacher, aufzugeben und aufzuhören sich zu bemühen. Mein Friseur informierte mich das letzte Mal, als ich ihn sah, dass mein Haar eine „unangenehme Phase“ durchlaufen würde.

Alles, was mir in dem Moment durch den Kopf ging, war, dass mein ganzes Leben eine unangenehme Phase war. Mein ganzes Leben lang fühlte ich mich merkwürdig und einsam. Ich versuchte verzweifelt, aus dem Abgrund herauszuklettern.

Vorerst werde ich versuchen, meine Energie auf die Heilung zu richten, egal wie anstrengend das sein mag. Ich werde mich weiterhin auf die Menschen verlassen, denen ich von meinen dunkelsten Seiten erzählt habe.

Ich halte an meiner Hoffnung fest und beschütze sie. Und vor allem bin ich entschlossen, weiterzumachen, indem ich einen Fuß vor den anderen setze.

Ich werde mich vielleicht nie zu 100 % in diese Gesellschaft einfügen, aber ich denke, dass das Einfügen eine Lüge ist. Ich bin der Meinung, dass sich die meisten von uns irgendwann im Leben wie Außenseiter fühlen.

Es gibt kein „uns“, es gibt kein „sie“, denn wir sind alle Menschen und jeder von uns hat mit etwas zu kämpfen. Ich wünschte nur, wir könnten öfter über unsere Gefühle sprechen, mehr lieben, öfter weinen und sehen, was wir am meisten im Leben brauchen.

Ich habe das neulich in meinem Tagebuch gelesen:

„Sei Liebe und die Liebe wird dich finden. Das verspreche ich dir. Doch du darfst nicht vergessen, dass sie immer bei dir ist. Denn manchmal bist du nicht in der Lage, sie zu sehen. Behalte sie in deinem Herzen“.

Lasst uns alle versuchen, unser Glück in unseren Taschen zu behalten und wenn es vorkommt, dass wir es verlieren, dann sollten wir uns gegenseitig aufmuntern, es wiederzufinden.