5 mentale Angewohnheiten, die dein Glück sabotieren

Wir wollen alle glücklicher sein. Aber herauszufinden, wie man dorthin kommt, ist überraschend kompliziert.

Die Dinge, von denen wir annehmen, dass sie uns glücklich machen werden – Geld, Status, gutes Aussehen etc. – erweisen sich normalerweise als nicht annähernd so effektiv, wie wir gehofft hatten.

Und das meiste von dem Selbsthilfe-Kram, den wir lesen, scheint, tja… auf lange Sicht ähnlich enttäuschend zu sein.

Auch wenn ich hier keine Patentlösung bieten kann, möchte ich dennoch einen möglichen Weg zum Glück vorschlagen, der größtenteils übersehen zu werden scheint:

Der direkteste Weg zum Glück ist das Ablegen schlechter mentaler Gewohnheiten.

Als praktizierender Psychologe und Therapeut spreche ich jeden Tag mit unglücklichen Menschen – von denen viele recht wohlhabend sind, sehr gut aussehen und die besten Selbsthilfebücher gelesen haben. Aber mir scheint, dass das, was sie meistens vom Glück abhält, ihre Sammlung negativer mentaler Programme ist, die im Hintergrund in ihren Köpfen laufen…

Ich kann nicht das Nirwana versprechen – und keine Lösung kann für alle funktionieren – aber wenn du lernen kannst, diese negativen mentalen Gewohnheiten zu erkennen und zu reduzieren, denke ich, dass du jeden Tag ein wenig glücklicher wirst.

1. Ausgeartete Erwartungen

Erwartungen sind Vorstellungen davon, wie die Welt funktionieren sollte, einschließlich dessen, wie die Menschen in ihr sich verhalten sollten. Und auch wenn sie manchmal hilfreich sein können, sind sie psychologisch gesehen oft recht gefährlich.

Hier ist ein Beispiel:

Nachdem du den ganzen Nachmittag damit verbracht hast, die Garage sauber zu machen, erwartest du, dass dein Ehepartner dir sofort danken und seine Wertschätzung ausdrücken sollte. Wenn er das nicht tut, bist du nicht nur traurig und enttäuscht, sondern auch wütend und frustriert.

Und wenn er dann immer noch nichts sagt, fängst du an, über all die früheren Male in eurer Ehe nachzudenken, als du etwas Nettes getan hast und dafür nicht gewürdigt wurdest. Natürlich führt das zu noch mehr Wut und Ärger und letztendlich ist es wahrscheinlich, dass daraus ein Streit oder einer ernsthaften Auseinandersetzung entsteht.

Das Problem mit Erwartungen wie diesen ist, dass deine Erwartungen – ob sie nun richtig oder falsch sind – häufig enttäuscht werden. Und jedes Mal, wenn sie enttäuscht werden, empfindest du neben all den anderen Emotionen auch noch Überraschung und Schock.

Das Problem ist dabei, dass Überraschung ein emotionaler Verstärker ist: Wut zu empfinden ist schon schwer genug. Aber wenn du dich wütend fühlst, nachdem du Wertschätzung erwartet hast, wird deine Wut – und all die nicht hilfreichen Verhaltensweisen, die daraus folgen – noch größer und schmerzhafter werden.

Die Lektion daraus ist einfach:

Mit schwierigen Gefühlen lässt sich viel leichter umgehen, wenn du nicht von ihnen überrascht wirst.

Wenn du glücklicher, ruhiger und emotional stabiler werden willst – besonders in deinen Beziehungen – solltest du anfangen, mehr auf deine Erwartungen zu achten. Und sobald du anfängst, sie wahrzunehmen, solltest du sie anpassen, sodass sie realistischer werden, oder sie ganz wegwerfen.

“Ich bin nicht auf dieser Welt, um deinen Erwartungen zu entsprechen und du bist nicht auf dieser Welt, um meinen Erwartungen zu entsprechen.”

2. Deine Emotionen beurteilen

Emotionen sind weder gut noch schlecht:

  • Angst ist genauso wenig schlecht, wie Regen oder Schnee schlecht sind.
  • Wut ist genauso wenig schlecht, wie rote Haare zu haben schlecht ist.
  • Trauer ist genauso wenig schlecht, wie klein oder groß zu sein schlecht ist.

Damit etwas moralisch gut oder schlecht ist, muss man die Kontrolle darüber haben.

Deshalb kommt niemand je ins Gefängnis, weil er wütend ist – man kann nicht kontrollieren, ob man sich wütend fühlt oder nicht und darum kann man nicht dafür zur Verantwortung gezogen werden.

Auf der anderen Seite kommen immer wieder Menschen ins Gefängnis, weil sie sich aggressiv verhalten haben. Und der Grund?

Du kannst dein Verhalten kontrollieren, was bedeutet, dass du dafür zur Rechenschaft gezogen werden kannst und deine Handlungen als richtig oder falsch, gut oder schlecht beurteilt werden können.

Indem du dich selbst für etwas verurteilst, was du nicht kontrollieren kannst – einschließlich deiner Emotionen – setzt du dich dem Leid aus.

Denke einmal darüber nach:

Wenn du dich selbst dafür verurteilst, weil du traurig bist, fühlst du dich jetzt nicht nur traurig, sondern auch noch schuldig.

Wenn du dich selbst dafür kritisierst, dass du ängstlich bist, fühlst du dich jetzt nicht nur ängstlich, sondern auch noch schuldig oder wütend.

Wenn du dir Vorwürfe machst, weil du wütend bist, fühlst du dich jetzt nicht nur wütend, sondern auch noch traurig.

Versuche stattdessen Folgendes: Sei mitfühlend mit dir selbst, wenn du emotionale Schmerzen empfindest.

Wenn du dich emotional schlecht fühlst, versuche, mit dir selbst zu reden wie mit einem guten Freund, dem es nicht gut geht – mit Verständnis, Mitgefühl und Unterstützung.

“Ich sehe jetzt, dass uns unsere Geschichte zu eigen zu machen und uns selbst während dieses Prozesses zu lieben, das Mutigste ist, was wir je tun werden.”

3. Sich Sorgen um die Zukunft machen

Wenn du ein chronischer Sorgenmacher bist, weißt du, wie viel Angst und Stress das zu deinem Leben beiträgt.

Du erkennst wahrscheinlich auch, dass sich Sorgen um schlechte Dinge zu machen nicht dazu zu führen scheint, dass stattdessen tatsächlich gute Dinge passieren.

Mit anderen Worten: Dir ist wahrscheinlich klar, dass Sorgen nur eine Nebenwirkung und keine Heilung sind.

Warum also Sorgen machen? Warum sorgen wir uns, obwohl wir wissen, dass es uns stresst und ängstlich macht?

Wir machen uns Sorgen, weil es uns die Illusion der Kontrolle gibt.

Und so funktioniert es:

Deine Vorstellungskraft erschafft ein Worst-Case-Szenario zu etwas, was du eigentlich nicht kontrollieren kannst.

Du fühlst dich hilflos.

Also machst du dir Sorgen. Denn obwohl sich Sorgen zu machen Angst erzeugt, lindert es auch die Hilflosigkeit (zumindest zeitweise). Und viele Menschen fühlen sich lieber ängstlich und gestresst als hilflos.

Aber wie bei jeder Sucht machen die kurzfristigen Vorteile der Sorge die langfristigen Kosten nicht wirklich wett.

Klar, dir Sorgen zu machen, wie du mit allen möglichen schrecklichen Dingen umgehen könntest, gibt dir kurz ein Gefühl der Kontrolle, aber der Berg aus Stress und Angst wird dich irgendwann einholen. Denn wenn du chronisch gestresst und ängstlich bist, fängst du an, immer mehr Dinge zu sehen, über die du dir Sorgen machen kannst, was zu immer mehr Ängsten und Stress führt.

Und auch wenn ich dir das wahrscheinlich nicht erst sagen muss, ist es furchtbar schwer, glücklich zu sein, wenn man ständig gestresst und ängstlich ist.

Die wahre Tragödie der chronischen Sorge ist, dass sie uns unseres Lebens beraubt.

Wenn du den Teufelskreis beenden, dein Leben wieder übernehmen und dich ständig weniger gestresst fühlen willst, liegt das Geheimnis darin, Hilflosigkeit und Unsicherheit mehr anzunehmen.

Schlimme Dinge passieren und viele davon kannst du nicht kontrollieren. Es ist viel besser, mit dieser Tatsache Frieden zu schließen, als zu versuchen, sie zu leugnen.

“Die Sorge entleert nicht das Morgen seines Kummers, sie entleert das Heute seiner Kraft.”

4. Beruhigung suchen

Beruhigung zu suchen fühlt sich im Augenblick gut an, ist aber auf lange Sicht selbstzerstörerisch.

Wir alle haben manchmal Angst. Und natürlich ist es unangenehm, sich ängstlich zu fühlen – sogar schmerzhaft. Was könnte also natürlicher sein als der Wunsch, diesen Schmerz und dieses Unbehagen zu mildern?

Gar nichts. Weshalb die Suche nach Beruhigung so häufig ist:

Nachdem du bei einer Präsentation auf der Arbeit einen Fehler gemacht hast, rufst du sofort deinen Ehepartner an und hoffst auf Beruhigung und Trost.

Nach einer peinlichen sozialen Begegnung schreibst du einem Freund einen Text – in der Hoffnung, ein paar freundliche Worte zu bekommen, die deine Ängste lindern.

Sobald du dieses seltsame Gefühl im Magen wahrnimmst, rufst du deinen Partner an – in der Hoffnung, dass seine oder ihre beruhigenden Worte deine Ängste lindern.

Und weißt du, Beruhigung an sich ist nichts Falsches. Es ist völlig natürlich und gesund, von anderen Menschen Unterstützung und Trost zu wünschen und zu erhalten, wenn wir Angst haben.

Beruhigung wird dann problematisch, wenn sie zur Gewohnheit wird. Wenn deine sofortige und einzige Reaktion auf Angst oder Unsicherheit darin besteht, Erleichterung bei einem anderen Menschen zu suchen, wird das zu einer Form der Selbstsabotage.

Höre auf, deine Ängste an andere Menschen auszulagern.

Es bestehen zwei große Probleme damit:

  • Du verlierst die Fähigkeit, eigenständig deine Ängste zu bewältigen, und
  • Du erschaffst schlussendlich ungesunde soziale Abhängigkeiten – welche in der Regel zu Ressentiments und Konflikten führen – in deinen wichtigsten Beziehungen.

Statt andere Menschen zu benutzen, um deine Ängste zu mildern, solltest du lernen, selbst gut damit umgehen zu können:

Übe, Ängste und Unsicherheit zu ertragen, statt dich davon abzulenken.

Arbeite daran, deine Gefühle der Hilflosigkeit auszuhalten, statt zu versuchen, sie auszulöschen.

Lerne, mit deinen Ängsten und Unsicherheiten zu leben und trotzdem mit dem Leben weiterzumachen, statt dein Leben zu pausieren, bis andere Menschen dafür sorgen, dass du dich besser fühlst.

“Die Aufgabe der Philosophie ist es, den Menschen zu lehren, in Unsicherheit zu leben… nicht, ihn zu beruhigen, sondern ihn zu verärgern.“

5. Gedankenlesen

Gedankenlesen ist die mentale Angewohnheit, anzunehmen, dass man weiß, was andere Menschen denken und fühlen.

Menschen haben die unheimliche Fähigkeit, auf Basis vieler subtiler, externer Hinweise fundierte Vermutungen darüber anzustellen, was andere Menschen denken und fühlen.

Zum Beispiel:

Statt anzunehmen, dass du weißt, was andere denken und fühlen, versuche stattdessen einmal, sie zu fragen.

Das hat zwei sehr positive Auswirkungen:

1. Du wirkst einfühlsam statt wertend. Ob du richtig oder falsch liegst: Wenn du davon ausgehst, dass du andere Menschen verstehst, wirst du mit hoher Wahrscheinlichkeit arrogant oder sogar streitlustig herüberkommen. Was wahrscheinlich zu Konflikten führt.

Wenn du andererseits annimmst, dass du es nicht weißt, aber dein Interesse durch Fragen zum Ausdruck bringst, wirkst du mitfühlend, was zu viel produktiveren und angenehmeren Interaktionen führt.

2. Du bekommst auch eine bessere Datenlage. Je öfter du Menschen einfach fragst, wie sie sich fühlen oder was sie in einer bestimmten Situation denken, desto besser wird dein Menschenmodell. Und das wiederum heißt, dass deine Vermutungen über ihre Gedanken und Gefühle immer genauer werden.

Wir haben hier also ein leichtes Paradoxon: Wenn du die Gedanken anderer Menschen effektiver lesen können willst, musst du aufhören zu versuchen, ihre Gedanken zu lesen, und stattdessen einfach nachfragen.

Letztendlich ergibt sich unser Glück hauptsächlich aus unseren Beziehungen.

Kämpfst und streitest du ständig mit den wichtigsten Menschen in deinem Leben? Klar, dann wirst du nicht allzu glücklich sein.

Wenn deine wichtigsten Beziehungen im Gegenteil aber eher reibungslos und konfliktfrei ablaufen, fühlst du dich im Durchschnitt viel glücklicher und zufriedener.

Durchbrich also die Gewohnheit, anzunehmen, dass du weißt, was andere Leute denken und fühlen, und lege dir stattdessen die Gewohnheit zu, einfach zu fragen.

Du und alle um dich herum werden viel glücklicher damit sein.

“Deine Annahmen sind deine Fenster zur Welt. Schrubbe sie von Zeit zu Zeit sauber, da sonst kein Licht hereinkommt.”