9 Leitsätze für eine positivere Kindererziehung

Wohlerzogene Kinder sind das Ziel aller Eltern.

Kinder werden mehr oder weniger von Emotionen gesteuert, und darum muss ein Erziehungsstil gefunden werden, der die Interessen deiner Kinder unterstützt und eine Grundlage für besseres Verhalten ihrerseits schafft. Positive Erziehung bringt Kindern akzeptables Verhalten bei und macht sie geistig angepasster.

9 Leitsätze für eine positivere Kindererziehung

Hier sind die Leitsätze für eine positivere Erziehung:

1. Sorge dafür, dass deine Erwartungen an dein Kind seinem Alter und seinem Entwicklungsstand entsprechen. 

Der erste Grundsatz für eine positivere Erziehung ist die Erkenntnis, dass kleine Kinder von Emotionen und nicht von Logik gesteuert werden, sodass irrationales Verhalten völlig normal ist.

Der Teil des Gehirns, der es uns ermöglicht, unsere Gefühle und Impulse zu reflektieren und zu kontrollieren, ist bis zum Alter von fünf bis sechs Jahren noch nicht gut entwickelt. Von Kindern mehr zu erwarten, als sie können, kann sowohl bei den Eltern als auch bei den Kindern zu viel Frustration führen.

Angemessene Erwartungen sind grundlegend wichtig für eine positive Erziehung, weil die Bedeutung, die du dem Verhalten deines Kindes zuschreibst, Einfluss darauf hat, wie du reagierst. Wenn du glaubst, dass dein Kind absichtlich Regeln bricht, ist die Wahrscheinlichkeit viel größer, dass du auf heftige Weisen reagierst, die dein Kind noch mehr durcheinander bringen, anstatt es zu beruhigen.

Wenn du diese Verhaltensweisen im Kontext der normalen Entwicklung siehst, begegnest du deinem Kind eher mit Einfühlungsvermögen begegnen und schätzt diese Momente als Gelegenheit, ihm gute Bewältigungsstrategien beizubringen.

2. Verstehe die Bedeutung des Verhaltens deines Kindes.

Den Ursachen für das Verhalten deines Kindes auf den Grund zu gehen kann dir helfen, auf einfühlsame und wirkungsvolle Weise zu reagieren. Ein Wutanfall im Supermarkt könnte durch Reizüberflutung, Müdigkeit oder Enttäuschung darüber ausgelöst worden sein, dass es keinen Keks vom Bäcker bekommen hat. Beißen könnte eine Selbstberuhigungsstrategie sein, ein Mittel, um andere auf Abstand zu halten, oder ein Ausdruck der Wut.

Der zweite Grundsatz für eine positivere Erziehung ist also: Die Ursachen des Verhaltens zu verstehen kann dir helfen, Erziehungsstrategien zu entwickeln, die auf das zugrundeliegende Problem eingehen und deinem Kind helfen, starke Bewältigungskompetenzen aufzubauen.

Dazu müssen einige Faktoren berücksichtigt werden, die das Verhalten beeinflussen:

  • Was geht in der Welt deins Kindes vor sich – gab es kürzlich einen Umzug?
  • Eine neue Bezugsperson? Einen Verlust in jüngster Zeit? Elterlichen Stress?
  • Es ist auch wichtig, das Temperament deines Kindes zu berücksichtigen. Reagiert es stark oder ist es eher ausgeglichen? Ist es ausdauernd oder ist es schnell frustriert?
  • Wie reagiert es auf neue Menschen und Erfahrungen – stürzt es sich sofort hinein oder braucht es Zeit, um sich wohlzufühlen?

All diese Faktoren beeinflussen die Fähigkeit der Kinder, mit den natürlichen Stressfaktoren des Lebens umzugehen, wie beispielsweise sich an Neues zu gewöhnen, Abwarten zu lernen und tägliche Übergänge zu bewältigen.

3. Fürchte nicht die Gefühle deines Kindes.

Gefühle sind nicht “richtig” oder “falsch”, und sie sind auch nicht das Problem. Was Kinder (und wir Erwachsenen!) mit unseren Gefühlen tun, ist das, was problematisch sein kann. Gefühle zu ignorieren oder zu missachten lässt sie nicht verschwinden, sie werden nur durch (oft negative) Verhaltensweisen “ausgelebt”, was zu mehr, nicht weniger Stress für dein Kind führen kann… und für dich.

Das dritte Prinzip einer positiveren Erziehung ist das Benennen von Gefühlen – es ist der erste Schritt, um Kindern beizubringen, wie sie mit ihnen umgehen können, und ein grundlegender Faktor zur Entwicklung von Selbstregulierung.

4. Bedenke, dass glückliche Kinder nicht immer glücklich sind (Grenzen sind liebevoll!)

Nur weil einem Kind eine Grenze nicht gefällt und in diesem Augenblick unglücklich ist, heißt das nicht, dass sie nicht gut für das Kind ist. (Ich habe noch nie gehört, dass ein 3-jähriges Kind gesagt hätte: “Danke, Papa, dass ich vor dem Abendessen die M&Ms nicht essen durfte. Ich weiß, wie wichtig es für mein Wachstum ist, dass ich etwas Richtiges esse.”) Klare Grenzen zu setzen und durchzusetzen ist liebevoll und ein Grundprinzip einer positiveren Erziehung.

Grenzen akzeptieren zu lernen führt zu Flexibilität und zur Entwicklung wirksamer Bewältigungsstrategien: einen Gemüsestick statt einer Süßigkeit zu akzeptieren oder ein anderes Spielzeug zu finden, wenn das Spielzeug, das es eigentlich will, nicht verfügbar ist. Diese Anpassungsfähigkeit ist es, was Kinder letztlich glücklich macht und ihnen hilft, in der realen Welt erfolgreich zu sein. Bedenke: Nur weil dein Kind etwas will, heißt das nicht, dass es es auch braucht.

5. Grenzen sind nur so gut wie deine Fähigkeit, sie durchzusetzen; sie dürfen nicht von der Fügsamkeit oder Kooperation deines Kindes abhängen.

Du kannst ein Kind nicht dazu zwingen, sich in den Autositz zu setzen, aber du kannst es vor die Wahl stellen, selbst hineinzuklettern oder von dir hineingesetzt zu werden.

Du kannst ein Kind nicht dazu zwingen, nach dem Zubettgehen in seinem Zimmer zu bleiben, aber du kannst ein Gitter installieren, um eine Barriere zu setzen, die verhindert, dass du es ständig (und mit zunehmender Verärgerung – für keinen von euch gut) zurück ins Bett bringen musst. Wenn du alles davon abhängig machst, dass dein Kind sich daran hält, hat es das Sagen und nicht du.

6. Kleine Kinder sind strategisch, nicht manipulativ. 

Kinder wollen das bekommen, was sie wollen, und nutzen zu diesem Ziel alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel – sie versuchen nicht, dich absichtlich in den Wahnsinn zu treiben.

Wenn ein Wutanfall bewirkt, dass es mehr Zeit mit dem iPad bekommt, später ins Bett gehen darf oder einfach mehr Aufmerksamkeit von dir bekommt, zählt dein Kind 2 und 2 zusammen und hat eine wichtige Erkenntnis: “Ausgezeichnete Strategie! Das kommt in die Gewinnspalte.” Das ist keine Manipulation, sondern Strategie.

7. Lass dich nicht ködern! 

Kleine Kinder sind unheimlich – sie haben ein feines Gespür für die wunden Punkte ihrer Eltern. (Ich hasse dich – du bist so gemein! Du bist zu meiner Geburtstagsparty nicht eingeladen! Klingt bekannt?)

Auch wenn sich das schlecht anfühlt und extrem enervierend ist, versuchen Kinder nur herauszufinden, wie sie die Kontrolle gewinnen können, die sie so verzweifelt wollen und von der sie doch so wenig haben.

Jede Reaktion von dir verstärkt das Verhalten, selbst wenn die Reaktion negativ ist. Und wie reagierst du am besten auf Köder? Ignoriere sie. Das soll nicht heißen, dass du dein Kind ignorieren sollst – du reagierst einfach nur nicht auf das provozierende Verhalten. Erkenne stattdessen das zugrundeliegende Gefühl an: “Du bist sauer, weil ich dir den iPad weggenommen habe”, und lass es gut sein.

8. Reagiere mit Bedacht, nicht impulsiv (auch bekannt als “kenne deine Trigger und kontrolliere deine Emotionen”). 

Achte darauf, in welchen Situationen du aufbrausend und impulsiv reagierst und erstelle einen Plan, wie du dich selbst beruhigen kannst, um eine durchdachte Entscheidung darüber zu treffen, wie du auf dein Kind reagierst. Das könnte bedeuten, dass du dir eine Auszeit nehmen musst.

Dieses Prinzip für positiveres Erziehungsverhalten gibt dir die Gelegenheit, dich zu beruhigen und zu überlegen, wie du am besten reagieren sollst, während du gleichzeitig unterbrichst, was sich sonst zu einem hitzigen Hin und Her auswachsen könnte. (Manchmal hat es auch die schöne Nebenwirkung, dass dein Kind dadurch den Schwung verliert – so verblüfft über deine ruhige Reaktion!)

Diese Auszeit kann dich davor bewahren, impulsiv zu reagieren, dir Zeit zum Nachdenken geben und ein sehr wirkungsvolles Vorbild bei der Ausübung von Selbstkontrolle sein.

Sie ist auch ein tolles Werkzeug, um zu vermeiden, dass sich Eltern gegenseitig untergraben, und um Zeit zu haben, einen gemeinsamen Plan zu erstellen: “Hm, das ist ein Problem; du willst Eis, aber es ist kurz vor dem Essen und Eis ist kein richtiges Essen. Wir müssen uns kurz überlegen, wie wir dieses Problem lösen können.”

Sobald ihr euch auf einen Plan geeinigt habt, lasse dein Kind wissen, welche Optionen es hat: “Wir wissen, dass du Eis liebst und jetzt welches willst, aber das ist etwas Süßes für den Nachtisch. Jetzt kannst du zwischen Apfelscheiben und Karotten wählen.”

Wenn es einen großen Wutanfall bekommt, lasse es ruhig und liebevoll wissen, dass du siehst, dass es mit deiner Entscheidung unglücklich ist, und lasse das Thema dann ruhen. Fürchte dich nicht vor Wutanfällen! Bedachte Reaktionen sind der Schlüssel zu einer positiven Erziehung.

9. Versuche nicht, alle Probleme deines Kindes zu lösen. 

Es ist eine natürliche, menschliche Reaktion, nicht zusehen zu wollen, wie unsere Kinder Probleme haben. Unser erster Impuls ist oft, unsere Kinder zu retten oder das “in Ordnung zu bringen”, was ihnen Kummer macht. (Ein frustrierter Ausruf meines Dreijährigen, der mit einem Puzzle nicht klarkam, führte zu meiner sofortigen Mama-rettet-dich-Reaktion, die Teile an ihren richtigen Platz zu setzen, damit alles wieder gut wird – und damit zu dem Muster, dass er sich jahrelang darauf verließ, dass ich es in Ordnung bringen würde.)

Wenn Eltern wiederholt die Probleme ihrer Kinder lösen, verpassen sie Gelegenheiten, bei der Entwicklung des Vertrauens darin zu helfen, dass sie neue Fähigkeiten erlernen können.

Indem wir helfen, alles wieder gut zu machen, damit sich unsere Kinder nicht schlecht fühlen, erreichen wir eigentlich das Gegenteil: Wir vermitteln die Botschaft, dass unsere Kinder nicht fähig sind, Herausforderungen zu meistern, und dass nur Erwachsene ihre Probleme lösen können.

Der Begriff “Disziplin” ist mit dem Wort “Schüler, Lehrling” verwandt. Sie hat nichts mit Strafe zu tun, die bewiesenermaßen für Kinder negative Langzeitfolgen bis weit ins Erwachsenenalter hat.

Wenn du das Setzen von Grenzen so angehst wie dein Lieblingslehrer als Kind, der klar und standfest, aber liebevoll war, der dich nicht beschämt hat, wenn du eine schlechte Entscheidung getroffen hast, sondern dir geholfen hat, die Konsequenzen deines Handelns zu erkennen und zu lernen, gute Entscheidungen zu treffen, dann machst du deinem Kind ein Geschenk von Dauer, das immer weitergegeben wird.

Teile diese Grundsätze für eine positivere Erziehung mit jedem, von dem du denkst, dass er sie wertvoll und hilfreich finden könnte.