In unserer 15-jährigen Ehe gab es Zeiten, in denen er jungenhaft dumme Bemerkungen machte. “Du bist überhaupt nicht die Frau, die ich geheiratet habe”, sagte er, als ob er über den Tisch gezogen worden sei oder als ob ich ihn wissentlich getäuscht hätte. Er konnte nicht wissen, wie sehr mich diese Bemerkungen reizten.
Die Eheratschläge, die ich bekommen hatte, sagten, dass eine gute Ehefrau nett ist. Eine gute Ehefrau ist freundlich. Sie lächelt und nickt und nimmt sich im Stillen vor, sich zu ändern, wenn ihr Mann so etwas sagt.
Wir waren praktisch Kinder, als wir uns kennenlernten, und Kinder, als wir heirateten.
Weil wir unsere Ehe auf dem Stoff der Jugend aufbauten, erkannten wir einander nur, wenn wir diese sehr traditionellen Rollen von Mann und Frau einnahmen. Wir waren entweder reuig und unsicher und leicht co-abhängig, oder wir waren völlig unerkennbar für den anderen. Es gab nichts dazwischen.
Es gab auch wenig Raum für Wachstum oder Veränderung. Um genau zu sein, machten Wachstum und Veränderung uns sogar Angst.
Wir hatten uns im zarten Alter von 21 und 22 auf einen Plan geeinigt, der lautete: jung heiraten, Kinder kriegen, Vater arbeitet, Mutter bleibt zu Hause. In unserem hyperreligiösen, kulturellen Kontext war diese Lebensart der Inbegriff des Erfolgs. Und so war es.
Wir gaben uns in dem Glauben das Jawort, dass wir die nächste große “Familie” gründen würden. Er, ein großer, dunkelhaariger und gut aussehender Geldverdiener; ich, eine sanfte und liebevolle Hausfrau und Mutter.
Dies war uns beiden unser ganzes Leben lang von unserer Religion, unseren Eltern und Gleichaltrigen beigebracht worden – dass diese Art der traditionellen, patriarchalisch geführten Existenz das Leben sei; dass es im Leben einzig darum gehe, die klassische, perfekte Familie aus den 1950ern zu werden.
Für viele Mütter, vor allem die, die als Hausfrau zu Hause bleiben, ist es kaum ein Schock, dass dieses Leben nicht allen passt.
Es ist nicht für jeden. Zu Hause zu bleiben und die Kinder großzuziehen bringt für beide Elternteile enorme persönliche Opfer mit sich, aber vor allem für die Mutter.
Du gibst deinen Körper, deinen Bauch, deine Nächte, deine Minuten, deine Freiheit, deine Möglichkeiten auf – und allem voran gibst du dich auf.
Damit will ich nicht sagen, dass es keine enormen Vorteile hat, Mutter zu sein und Kinder zu haben. Ich will nur sagen, dass das Dasein als Mutter zwar sehr erfüllend ist, ich mich aber nach 12 Jahren, in denen ich nichts anderes gemacht habe, weitgehend verloren fühlte.
Ich hatte so viel Zeit in die Karriere meines Mannes gesteckt, in seine Ausbildung, seine Unterstützung, weil er nach einem harten Arbeitstag Zeit zum “Entspannen” brauchte.
Ich hatte so viel Zeit mit Schaukeln, Kuscheln, Lieben, Versorgen, Betreuen und Aufziehen verbracht. Von außen gesehen machte ich alles richtig – ich tat genau das, was ich tun sollte – aber innerlich war mir nach Schreien.
Ich wollte mich in den Vorgarten stellen und schreien: “Ich bin hier!” Ich wollte irgendwo stehen, nur nicht in einer Elternbeiratssitzung, und schreien: “Bitte sag mir, dass du mich sehen kannst!”
Ich hatte das Gefühl, dass all das, was mich ausmachtet – Ehrgeiz, Unabhängigkeit, Launigkeit, Kreativität – unterdrückt waren und erstickt wurden. Ich hatte so viele Jahre damit verbracht, sie zu verleugnen, zu ignorieren, keine Zeit dafür zu haben, dass sie nun unter Druck standen.
Ich war eine Flasche Schaumwein, die darum bettelte, dass der Korken aufgemacht wird.
Und so fing ich einen Food-Blog an. Es klingt jetzt klein und albern. Aber es war ein einfacher Weg für mich, mit der Welt Kontakt aufzunehmen und Menschen zu sagen, dass ich da war, dass ich lebte und etwas zu sagen und Talente zu zeigen hatte. Es gab mir eine Stimme, eine Persönlichkeit, etwas, das ich ganz allein geschaffen hatte. Und schlussendlich gab es mir ein Einkommen.
Nach zwei Jahren des Bloggens fingen Firmen an, auf mich aufmerksam zu werden. Sie bezahlten mir Flüge an andere Orte. Sie mochten, was ich machte, und wollten meinen Input. Plötzlich war ich mehr als nur Mutter. Ich war mehr als nur eine Unterstützerin am Spielfeldrand. Ich war eine respektierte und gefragte Autorin in der Welt der Foodblogs.
Und ich begann zu begreifen, dass ich mich langsam veränderte.
In unserer Ehe gab es Zeiten, in denen er jungenhaft dumme Bemerkungen machte. “Du bist überhaupt nicht die Frau, die ich geheiratet habe.” Aber dieses Mal sagte ich es ihm.
Mitten in der Küche stehend und leise flüsternd, damit die Kinder nichts hören. Am Ende eines Streits, nachdem er frustriert aus dem Haus floh.
Ich bin nicht die Frau, die du geheiratet hast.
Ich bin nicht das Mädchen mit sorgenvollen Augen und hoffnungsvoller Launigkeit.
Ich bin nicht der treusorgende Begleiter, der damit zufrieden ist jedes Spiel auszusitzen.
Ich bin nicht mehr gewillt, “Baby” in der Ecke zu sein.
Ich wollte nicht mehr nur Ehefrau sein, sondern Partnerin. Ich wollte den gleichen Respekt, ich wollte ein Geben und Nehmen, ich wollte erwachsen werden.
Er reagierte überraschend gut an diesem Tag. Hielt mich stundenlang in den Armen. Sagte, dass er verstehe. Sagte, dass er all die anderen Dinge nicht brauche, die ich immer gewesen sei.
Weniger als ein Jahr später bat er um die Scheidung.
“Du bist nicht die Frau, die ich geheiratet habe”, sagte er.
Ich wusste, dass er Recht hatte, und es war in Ordnung. Denn sie loszulassen hieß, dass es endlich in Ordnung war, ich selbst zu sein.