Ein offener Brief an einen Vater, von der Tochter, die du zurückgelassen hast

Irgendwann, bevor ich geboren wurde, hast du beschlossen, dass du nicht für mich da sein wolltest.

Du kanntest mich nicht und hattest mich noch nicht gesehen, aber du hattest bereits deine Entscheidung getroffen: Ich sollte nicht dein sein.

Ich wurde mein ganzes Leben lang dazu erzogen, es gut zu machen, einem tollen Mann zu begegnen, zu heiraten, Kinder zu bekommen und dann würde ich mit meinen Kindern Teil einer glücklichen Familie sein; aber ich wusste es besser.

Als ich jünger war, bastelten meine Grundschulklassen Karten zum Vatertag, aber niemand wusste, wie sehr das wehtat.

Als du mich zum ersten Mal getroffen hast, hast du geweint und gesagt, du wünschtest, du wärest da gewesen, hättest aber das Gefühl, dass es jetzt zu spät sei.

Sicher, ich mag nun 22 sein, aber ich habe noch so viele Jahre zu leben. Du hast in meinem Namen entschieden, dass es sich nicht lohnt.

Ich erinnere mich daran, wie ich deine Freunde getroffen habe; ihre genauen Worte waren: “Ich wusste nicht, dass du eine Tochter hast.” Es war in diesem Moment so, als hätte ich nie existiert.

Meine Familie sagte mir: “Es ist sein Pech und es ist Zeit, dass du es hinter dir lässt. Du brauchst ihn eh nicht.” Und ich schätze, zum Teil stimmte das auch.

Ich brauchte ihn nicht; ich wollte ihn.

Ich wollte, dass er mich wollte, und ich wollte sein kleines Mädchen sein. Ich wollte diese Chance. Ich wollte, dass mein biologischer Vater mich akzeptiert und ich konnte nicht verstehen, warum er es nicht tat.

Wenn man von einem Elternteil verlassen worden ist, fragst du dich wirklich immer wieder, warum. Du fragst dich, was stimmt mit mir nicht?

Du wirst ängstlich, denn wenn jemand, der dich eigentlich bedingungslos lieben sollte, es nicht tut, wer könnte dich dann wirklich je lieben? Wer wird sonst noch gehen? Warum sollte irgendjemand je wirklich bleiben?

Du kannst sagen, was du willst, um mich dazu zu bewegen, es hinter mir zu lassen und mich zu überzeugen, dass es mir nicht wehtun sollte, aber es tut weh. Und wird es auch weiterhin.

Und ja, ich bin zwar mit Vaterfiguren aufgewachsen und habe schließlich einen tollen Stiefvater bekommen, aber es hat trotzdem wehgetan.

Wir bekommen früh gesagt, dass unsere Eltern uns bedingungslos lieben werden, jeden Tag, für den Rest unseres Lebens, und du hast es nicht getan. Du hast mich im Stich gelassen, du hast entschieden, mich nicht zu lieben und du hast mich verlassen.

Die Leute tun das ab und kritisieren regelmäßig, dass man “wohl einen Vaterkomplex hat”. Seit wann ist es okay für die Gesellschaft, über jemanden aufgrund seiner persönlichen Probleme zu urteilen?

Wann ist daraus ein Witz geworden, dass man von einem Elternteil verlassen wurde?

Wir leben heute in einer Gesellschaft, in der alleinerziehende Eltern die Norm sind, aber tut es dadurch weniger weh? Nein.

In Wahrheit kann sich jeder hinsetzen und mich daran erinnern, dass ich ihn nicht brauche, aber als ich klein war, tat ich das. Die Leute können sagen, naja, er ist nur ein Samenspender. Nein, war er nicht.

Sie können sagen, dass er einfach nicht weiß, wie man ein Vater ist. Er weiß es. Sie können sagen, dass er einfach nicht weiß, was er verpasst. Er weiß es.

In Wahrheit steckt hinter jedem Menschen, der von einem Elternteil verlassen wurde, ein Kind, das traurig sein wird. Jemand, der manchmal einfach nicht versteht, was mit ihm nicht stimmt.

Wir fragen uns: Wenn ich nicht zu meiner Familie passe, wo passe ich dann hin? Und ja, wir mögen nach außen hin stark wirken, aber tief im Inneren schmerzt es uns und dieser Schmerz wird immer da sein, egal, was du sagst.

An alle meine Freunde, die ebenfalls verlassen wurden: Es ist in Ordnung.

Wir dürfen nur nicht grübeln. Ich wollte kleine Lebenslektionen von ihm lernen, und wie sich gezeigt hat, habe ich das getan. Er hat mir schlussendlich die wichtigsten Dinge beigebracht, ohne je dagewesen zu sein.

Ja, ich habe Angst, von allen verlassen zu werden, die in mein Leben treten, aber wenn sie gehen sollten, werde ich es überleben.

Ich habe gelernt, was es bedeutet, in einer Situation stark zu sein, in der dich jemand nicht liebt, der dich lieben sollte. Ich habe gelernt, was es heißt, mutig zu sein.

Ich habe gelernt, dass er wirklich so viel von meinem Leben verpasst hat und dass es okay ist, den Schmerz zu fühlen, den das verursacht, egal, was die Leute mir sagen.

Vor allem aber habe ich gelernt, wie ich als Elternteil sein werde: Ich werde da sein.