Wie du deine emotionalen Trigger erkennst (bevor es zu spät ist)

Lösen bestimmte Themen oder Situationen unkontrollierbare Emotionen in dir aus? Emotionale Trigger können uns ganz plötzlich zu extremem Verhalten bewegen. Allerdings gibt es Möglichkeiten, emotionale Trigger zu erkennen, bevor du anfängst, dich unwohl zu fühlen.

Du führst gerade ein freundliches, normales Gespräch mit einem anderen Menschen. Alles läuft gut, bis – ZACK! Dein Blutdruck steigt, du fängst an zu hyperventilieren und hast einen klaren Drang, den anderen zu erwürgen.

Auch wenn derjenige nur eine beiläufige Bemerkung gemacht hat, musst du dich davon abhalten, ihm ins Gesicht zu schreien und ihm die Augen auszustechen.

Was ist da passiert?

Du wurdest getriggert – das ist passiert.

Beim späteren Nachdenken über die Situation wird dir vielleicht klar, wie unverhältnismäßig deine Wut war und wie unangenehm daneben deine Reaktion.

Fast alle von uns haben irgendeinen Trigger oder “Auslöseknopf”, der in uns, wenn gedrückt, eine Tirade der Wut, Feindseligkeit, Angst oder des Grolls auslöst. Allerdings können manche von uns besser mit diesen Auslösern umgehen als andere.

Wenn du dich wie ein Streichholz fühlst, das nur darauf wartet, von irgendjemandem angezündet zu werden, könntest du ein Problem mit deinen emotionalen Triggern haben.

Was sind emotionale Trigger?

Du hast vielleicht schon einmal von “Triggerwarnungen” gehört oder davon, “von jemandem getriggert” zu werden. Aber was bedeutet es eigentlich, getriggert zu werden?

Emotionale Trigger sind Menschen, Worte, Meinungen, Situationen oder Umgebungssituationen, die eine heftige und übermäßig emotionale Reaktion in uns hervorrufen. Häufige Emotionen, wenn wir getriggert werden, sind beispielsweise Wut, Rage, Traurigkeit und Angst.

Praktisch alles kann uns triggern, je nach unseren Überzeugungen, Werten und früheren Lebenserfahrungen, wie ein Tonfall, ein Menschentyp, eine bestimmte Ansicht, ein einzelnes Wort – alles kann ein Trigger sein.

Warum werden wir emotional getriggert?

Welche Psychologie steckt hinter Triggern? Wir leiden aus drei Hauptgründen unter emotionalen Triggern:

1. Gegensätzliche Überzeugungen und Werte

Wenn wir uns stark mit einer bestimmten Überzeugung identifizieren, fällt es uns möglichweise schwer, anderen, gegensätzlichen Überzeugungen gegenüber tolerant zu sein. Beispielsweise ist Religion aus gutem Grund für so viele Menschen ein so triggerndes Thema: Überzeugungen geben uns ein Gefühl von Sicherheit und Trost, wenn sie also in Frage gestellt werden, fühlen wir uns (aus emotionaler und psychologischer Sicht), als ob unser Leben in Gefahr gerät.

Werte entstammen Überzeugungen und umfassen das, was uns im Leben wichtig ist. Wenn jemand anderes unsere Werte nicht teilt oder sie in Frage stellt, werden wir getriggert, weil er die Wahrheit und Legitimität dessen in Frage stellt, was uns am Herzen liegt.

2. Trauma

Der Begriff “getriggert” hängt eigentlich mit der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) zusammen, von der oft Soldaten betroffen sind, die aus dem Krieg zurückkehren. Wenn Menschen aufgrund von früheren traumatischen Erfahrungen getriggert werden, ist ihre Reaktion oft extreme Angst und Panik (oder in manchen Fällen Wut). Man wird getriggert, wenn man etwas sieht, hört, schmeckt, berührt oder riecht, das an die früheren traumatischen Umstände erinnert.

Ein Opfer einer Vergewaltigung könnte zum Beispiel getriggert werden, wenn sie Männer mit Bart sieht, weil der Täter ebenfalls einen Bart hatte. Ein Mann, der als Kind von seiner alkoholkranken Mutter misshandelt wurde, wird vielleicht getriggert, wenn er Alkohol riecht. Ein Erwachsener, der als Kind nie dazugehört hat, wird vielleicht getriggert, wenn er sieht, wie Gruppen von Menschen zusammen Spaß haben.

3. Ego-Erhaltung

Das Ego ist das Ichgefühl oder das “Ich”, das wir in uns tragen. Diese künstliche Identität ist zusammengesetzt aus Gedanken, Erinnerungen, kulturellen Werten, Annahmen und Glaubensstrukturen, die wir entwickelt haben, um in die Gesellschaft zu passen.

Wir haben alle ein Ego und sein hauptsächlicher Sinn besteht darin, uns zu schützen, indem wir komplizierte “Selbstschutz”-Mechanismen in Form von Überzeugungen, Idealen, Wünschen, Gewohnheiten und Süchten entwickeln (um uns vor der Auseinandersetzung mit dem zu bewahren, was wir am meisten fürchten: dem Tod des Egos oder Selbst).

Wenn unser Ego von anderen in Frage gestellt oder verletzt wird, werden wir oft sofort getriggert. Wir streiten mit Menschen, die das Überleben unseres Egos bedrohen, beleidigen verhöhnen oder diffamieren sie, fallen ihnen in den Rücken, sabotieren sie und attackieren sie. Der einzige Weg, von unserem Ego befreit zu sein und den dauerhaften Tod des Egos zu erleben, besteht in tiefer innerer Arbeit oder Seelenerforschung.

11 Zeichen dafür, dass du emotional getriggert wirst

Woher wissen wir also, dass wir getriggert werden? Du könntest einige körperliche und emotionale Dinge erleben, darunter:

  • Zittern
  • Herzklopfen/Herzrasen
  • Erstickungsgefühle oder Schwierigkeiten beim Atmen/Schlucken
  • Hitzewallungen
  • Schüttelfrost
  • Schwindel oder Ohnmacht
  • Übelkeit
  • Schmerzen/Unbehagen in der Brust
  • Gefühl der Distanz/Unwirklichkeit (bekannt als Dissoziation)
  • Schwitzen

und natürlich ein paar Sekunden danach… Heftige Emotionen, wie Hass, Ekel, Wut, Angst, Panik, Trauer, die selbstschützendes Verhalten auslösen wie schreien, streiten, beleidigen, verstecken, weinen oder andere emotionale Reaktionen.

Wie du emotionale Trigger erkennst 

Wenn wir unsere emotionalen Trigger nicht kennen und schon gar nicht wissen, wie wir mit ihnen umgehen sollen, folgt unser Leben destruktiven Pfaden. Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich miterlebt habe, wie nicht erkannte Trigger Leid und Chaos im Leben der Menschen angerichtet haben.

Ich selbst bin auch nicht immun dagegen. Ich habe schon erschreckend heftige Reaktionen auf Menschen gehabt. Zum Glück bin ich mir dieser Reaktionen bewusst und unterdrücke sie nicht … wer weiß schon, was sonst passiert wäre!

Deine emotionalen Trigger zu kennen ist so wichtig, weil du ohne die Bewusstmachung dessen, was extreme Reaktionen bei dir auslöst, zu einer Marionette wirst, die ständig von ihren Gefühlen manipuliert wird. Deine Freundschaften werden belastet oder ruiniert, deine Beziehungen sind chaotisch oder werden sabotiert, und dein Leben wird allgemein sehr viel schmerzhafter.

Die Mühe lohnt sich wirklich, deine emotionalen Trigger zu erforschen.

Je bewusster du bist, desto weniger wirst du von den unbewussten Kräften in dir beherrscht. Und es ist nicht einmal besonders schwierig, deine Trigger zu erforschen. Der schwierigste Teil dabei ist eigentlich, diesen Prozess ernsthaft anzugehen.

Hier sind also ein paar einfache Möglichkeiten, deine “wunden Punkte” zu identifizieren.

1. Achte auf deine körperlichen Reaktionen

Achte auf sich anspannende Muskeln, erhöhte Herzfrequenz, Hitzewallungen oder kaltes Überlaufen, Kribbeln oder andere körperliche Anzeichen, die generell auf ein Zusammenziehen hindeuten (oder auf ein körperliches Zurückscheuen vor dem, was du erlebst).

Mache ein Spiel daraus: Welche Reaktion zeigt dein Körper zuerst? Ballen sich deine Fäuste? Wird deine Atmung schneller? Wird dein Gesicht heiß?

Merke dir diese Reaktionen im Geiste und schreibe sie sogar auf. Bedenke, dass körperliche Reaktionen alles von subtil bis extrem sein können – schließe also nichts aus.

2. Achte darauf, welche Gedanken dir durch den Kopf schießen

Suche nach extremen Gedanken mit polarisierten Ansichten (z. B. jemand oder etwas ist gut/schlecht, richtig/falsch, nett/böse etc.). Du musst nichts weiter damit tun, sondern dir dieser Gedanken nur bewusst werden, ohne auf sie zu reagieren. Lasse sie in deinem Kopf abspielen.

Welche Geschichte schreibt dein Kopf über den anderen Menschen oder die Situation? Ich empfehle dir, diese Gedanken einfach in deinem Tagebuch aufzulisten, um deine Selbstwahrnehmung zu steigern.

3. Wer oder was hat das Gefühl ausgelöst?

Sobald du dir deine körperlichen Reaktionen bewusst gemacht hast (oder zusammen mit dieser Übung), achte darauf, wer oder was die extremen körperlichen und emotionalen Reaktionen getriggert hat. Manchmal entdeckst du einen Gegenstand, ein Wort, einen Geruch oder einen anderen Sinneseindruck, der dich triggert. In anderen Fällen bemerkst du, dass eine bestimmte Überzeugung, Sichtweise oder Gesamtsituation dich triggert.

Dein Trigger könnte zum Beispiel alles sein von lauten Geräuschen bis hin zu Männern, die sehr dominant und rechthaberisch sind. Und möglicherweise hast du sogar eine ganze Reihe von Triggern (wie die meisten Menschen), sei also wachsam und offen dafür, ein ganzes Spektrum von Dingen wahrzunehmen, die dich triggern.

Wie immer ist es wichtig, diese Trigger in einem Tagebuch festzuhalten (sei es in handschriftlicher oder digitaler Form). Diese Trigger aufzuschreiben hilft dir, sie ein dein Gedächtnis einzubrennen, damit du dir ihrer in Zukunft bewusst bleiben kannst.

4. Was ist passiert, bevor du getriggert wurdest?

Manchmal gibt es bestimmte “Voraussetzungen” dafür, getriggert zu werden, beispielweise ein stressiger Arbeitstag, “mit dem falschen Fuß aufstehen”, einen bestimmten unangenehmen Ort besuchen (wie ein Einkaufszentrum), hören, wie die Kinder streiten – praktisch alles kann die Voraussetzungen dafür schaffen, später getriggert zu werden.

Wenn du versuchst, deine emotionalen Trigger zu erkennen, kannst du ein zukünftiges Triggern oft verhindern, indem du es einfach langsamer angehst, sobald du die Voraussetzungen für den Trigger bemerkst.

5. Welche deiner Bedürfnisse wurden nicht erfüllt?

Emotional getriggert zu werden geht immer darauf zurück, dass eines oder mehrere unserer tiefsten Bedürfnisse/Wünsche nicht erfüllt wurden.

Nimm dir etwas Zeit, um darüber nachzudenken, welche deiner Bedürfnisse oder Wünsche bedroht sind:

  • Akzeptanz
  • Autonomie
  • Aufmerksamkeit
  • Liebe
  • Sicherheit
  • Spaß
  • Beständigkeit
  • Respekt
  • Friedlichkeit
  • Vorhersehbarkeit
  • Gemocht werden
  • Gebraucht zu werden
  • Recht haben
  • Wertgeschätzt werden
  • Fair behandelt werden
  • Kontrolle haben

Denke darüber nach, welche unerfüllten Bedürfnisse/Wünsche immer wieder auftauchen. Auf deinen Körper, deine Gedanken, deine unerfüllten Bedürfnisse/Wünsche und bestimmte Menschen oder Situationen, die dich triggern, zu achten und sich diese bewusst zu machen, kann dir helfen zu verhindern, dass du deine Gefühle später “auslebst”.

Was du tun kannst, sobald du emotional getriggert wurdest

Ich habe oben erläutert, wie du verhindern kannst, dass du getriggert wirst… was aber passiert, wenn du schon eine reflexartige Reaktion auf jemanden oder etwas hattest?

Es gibt mehrere Dinge, die du tun kannst, wenn du tief in extremen Emotionen wie Wut oder Angst steckst.

Hier ist, was ich praktiziere und empfehle:

1. Lenke deine Aufmerksamkeit von der Person oder Situation ab und konzentriere dich auf deinen Atem.

Solange du am Leben bist, ist dein Atem immer bei dir – er ist stabil und vertrauenswürdig und darum eine tolle Methode, dich zu entspannen.

Konzentriere dich ein paar Minuten lang auf dein Ein- und Ausatmen. Wenn deine Aufmerksamkeit zurück zu der triggernden Person oder Situation wandert, ziehe deine Aufmerksamkeit wieder auf deine Atmung.

2. Nimm eine Auszeit.

Entferne dich aus der Situation. Gehe für fünf Minuten weg und beruhige dich.

Wenn du mit jemandem redest, entschuldige dich kurz und sage, dass du zur Toilette oder woandershin gehen musst. Kehre zurück, wenn du dich ausgeglichener und ruhiger fühlst.

3. Finde den Humor in der Situation.

Ich weiß, dass es nicht immer möglich ist, diesen Ratschlag umzusetzen, aber du könntest überrascht sein, wie sehr Lachen und Belustigung deine Wahrnehmung aufhellen.

Wenn ich sage, dass du den Humor in der Situation finden sollst, meine ich damit nicht, dass du lachen oder andere (oder dich selbst) verhöhnen oder verspotten sollst. Ich meine damit, dass du die Situation als Ganzes aus der Vogelperspektive betrachtest und das Komische darin findest.

4. Frage dich, warum du getriggert wirst.

Unsere emotionalen Trigger blenden uns manchmal, und um dem entgegenzuwirken, sei neugierig. Frage dich: “Warum fühle ich mich so traurig/wütend/ängstlich?”

5. Weiche deinen Gefühlen nicht aus, aber lebe sie auch nicht aus.

Deine Gefühle zu unterdrücken oder zu versuchen, sie zu “kontrollieren”, ist keine Lösung – allerdings kannst du deine Gefühle hinauszögern. Wenn dich beispielsweise jemand rasend macht, lege diese Gefühle bewusst zur Seite, statt zu explodieren, um sie dann später auf gesunde Weise zu erleben und herauszulassen.

Du könntest diese Wut ausdrücken, indem du in deinem Zimmer schreist oder eine intensive, von Wut gepowerte Trainingseinheit einlegst. Was immer du machst, sei sehr vorsichtig damit, deine Gefühle zu unterdrücken.

Zwischen dem bewussten Hinauszögern von Gefühlen und unbewusster Unterdrückung ist nur ein schmaler Grat – darum ist es so wichtig, die Tipps zur Selbstwahrnehmung umzusetzen, die ich in diesem Artikel vorgestellt habe.

Ich hoffe, dass du nach dem Lesen dieses Artikels nun inspiriert bist, deine emotionalen Trigger bewusst zu erkunden und zu verhindern, dass sie dein Leben sabotieren.