Wenn ich heute über einen typischen Tag mit meinem damaligen Partner schreibe, wirkt vieles auf den ersten Blick völlig normal.
Er stand auf, ging zur Arbeit, schrieb Nachrichten, lachte mit Freunden, plante unser Wochenende. Von außen hätte man denken können: „Ganz normaler Typ. Vielleicht ein bisschen anstrengend, aber lieb.“
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Was kaum jemand sah, war die unsichtbare Regie, die er über alles führte – die feinen Machtspiele, die emotionalen Fallen, die dauernde Drehung um sein eigenes Ego.
Ich schreibe diesen Text aus der Sicht einer Frau, die jahrelang mit einem Mann zusammen war, der stark narzisstische Züge hatte. Keine offizielle Diagnose, aber ein so eindeutiges Muster, dass der Begriff „Narzissten-Beziehung“ der ehrlichste Name dafür ist.
Dieser Blogpost ist eine Mischung aus persönlicher Erfahrung und sachlichem Einordnen – für dich, wenn du dich vielleicht fragst, warum du dich in deiner Beziehung so erschöpft, so klein und gleichzeitig so abhängig fühlst.
Der Morgen: Er ist die Sonne, um die sich alles dreht
Der Tag begann bei uns selten „neutral“. Er bestimmte das Wetter – und ich passte mich an, bevor ich überhaupt den ersten Fuß auf den Boden gesetzt hatte.
Der persönliche Blick: Er wachte auf, und der erste Griff ging zum Handy. Nachrichten checken, Social Media scannen, Likes zählen. Ich lag daneben, hellwach, und wartete innerlich darauf, ob der Tag gut oder schlecht starten würde.
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Es hing fast immer von äußeren Faktoren ab: Hat ihm jemand Wichtiges geschrieben? Gab es genug Reaktionen auf seinen Post von gestern Abend? Liefen seine Pläne exakt so, wie er es sich vorgestellt hatte?
War alles zu seiner Zufriedenheit, war er charmant, lustig, fast überschwänglich („Baby, heute reißen wir die Welt ein!“). Er erzählte von großen Visionen, von Projekten, von dem Ruhm, der „bald sicher kommt“. In diesen Momenten war er der Mann, in den ich mich verliebt hatte: charismatisch, lebendig, voller Energie.
War aber etwas nicht nach seinem Geschmack – eine kritische Mail, zu wenig Aufmerksamkeit, ein Kommentar, den er als Angriff missverstand – kippte die Stimmung in Sekunden. Die Luft im Schlafzimmer wurde dick, alles war plötzlich „Problem“, „Drama“ oder „nicht gut genug“.
Ich lernte schnell, ihn zu „scannen“. Ein Blick, ein bestimmtes Geräusch beim Ausatmen – und ich wusste: Zieh den Kopf ein, heute wird es anstrengend.
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Was dahintersteckt: Menschen mit stark narzisstischen Tendenzen regulieren ihr Selbstwertgefühl massiv über äußere Bestätigung. Der Morgen ist oft der Moment der Bestandsaufnahme: „Bin ich wichtig? Bin ich anerkannt? Werde ich bewundert?“
Da ihr Selbstwertgefühl nicht von innen kommt (intrinsisch), sondern von außen abhängig ist, ist es extrem fragil. Für die Partnerin bedeutet das: emotionale Unsicherheit schon beim ersten Kaffee. Du bist nicht Partnerin, sondern Stimmungs-Barometer.
Die unsichtbare Aufgabe: Seine Stimmung stabilisieren
Noch bevor ich selbst richtig wach war, lief in mir ein Programm ab, das viele Frauen in solchen Beziehungen kennen:
- Wie rede ich mit ihm, damit er sich gesehen fühlt?
- Wie vermeide ich, dass er sich kritisiert fühlt?
- Wie kann ich Lob verpacken, ohne dass es zu offensichtlich wirkt?
Wenn er zum Beispiel unzufrieden mit sich war, sagte er Sätze wie:
„Alle sind irgendwie gegen mich.“ „Ich hab das Gefühl, keiner versteht, wie viel ich eigentlich leiste.“ „Die sind doch alle nur neidisch auf mein Talent.“
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Meine spontane, gesunde Reaktion wäre oft etwas Realistisches gewesen, zum Beispiel: „Naja, vielleicht war die Mail von deinem Kollegen gar nicht so böse gemeint…“ Aber ich wusste aus schmerzhafter Erfahrung: Realismus wirkt auf ihn wie Verrat.
Also sagte ich stattdessen: „Ich finde, du machst wirklich extrem viel. Viele sehen das wahrscheinlich einfach nicht, weil sie nicht so weit denken wie du.“
Sofort sah ich die Erleichterung in seinem Gesicht. Minimal, aber da. Ich hatte meine Aufgabe erfüllt: Ich hatte sein Ego stabilisiert. Der Preis? Ich verriet mich jeden Morgen ein kleines Stückchen selbst.
Ich lernte, meine eigene Wahrnehmung zu biegen, um ihn nicht zu verletzen – oder genauer: um seinen verletzlichen Kern nicht zu berühren, den er hinter Arroganz und Überlegenheit versteckte.
Vormittag: Die Bühne der Außenwelt
Tagsüber, wenn er in seinem beruflichen Umfeld war, erlebte ich ihn oft wie einen anderen Menschen – oder ich hörte davon. Er war witzig, schlagfertig, unglaublich präsent. Er wirkte großzügig („Na klar, ich zahl das!“, „Ich regel das für euch“), souverän und erfolgreich.
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Viele bewunderten ihn. Sie nannten ihn „stark“, „charakterfest“, „einen Macher“. Ich war oft stolz an seiner Seite – und gleichzeitig tief irritiert.
Denn das Publikum bekam seine Glanzseite zu sehen. Die anspruchsvolle, verletzende, manipulative Seite war reserviert für die Menschen, die ihm am nächsten waren: mich und manchmal seine Familie. Es fühlte sich an wie ein exklusiver Club, in dem man Mitglied ist, aber den Ausgang nicht mehr findet.
Was dahintersteckt: Narzisstische Persönlichkeitszüge funktionieren oft wie eine Maske oder ein „Falsches Selbst“. Nach außen: Überlegenheit, Charisma, Erfolg. Nach innen: tiefsitzende Unsicherheit, die mit Kontrolle, Abwertung anderer und einem dauernden Bedürfnis nach Bestätigung kompensiert wird.
Die Partnerin erlebt die schmerzhafte Kluft zwischen der „öffentlichen Version“ und der „privaten Realität“. Dieses Doppelleben ist psychisch extrem belastend weil es dich ständig zweifeln lässt: „Übertreibe ich? Alle anderen finden ihn doch toll. Bin ich vielleicht das Problem?“
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Mittag: Wenn du plötzlich Schuld an allem bist
In der Mittagspause rief er häufig an. Manchmal, um sich zu beklagen: über unfähige Kollegen, „intrigante“ Chefs oder Menschen, die ihn „ausbremsen“. Und schleichend, fast unbemerkt, wurde ICH Teil des Problems.
„Du unterstützt mich nicht genug.“ „Du glaubst nicht wirklich an mich, das merke ich an deiner Stimme.“ „Wenn du mich wirklich lieben würdest, würdest du verstehen, warum mich das so aufregt.“
Es gab immer ein „Wenn-Dann“-Spiel. Seine Unzufriedenheit mit sich selbst oder mit der Welt wurde subtil zu meiner Verantwortung umgedeutet. Ich ertappte mich dabei, wie ich mich im Büro zusammenriss, um sofort zurückzurufen, lange Sprachnachrichten zu schicken, ihn zu beruhigen, Lösungen zu suchen.
Ich wollte nicht, dass er das Gefühl hat, alleine zu sein. Tatsächlich war ich dabei, mich immer mehr alleine zu lassen.
Sachliche Einordnung (Projektion): Typisch hier ist die Verschiebung von Verantwortung. Das eigene Scheitern, Unwohlsein oder die Kränkung wird nach außen verlagert. Narzissten können schwer Fehler oder Schwächen bei sich selbst akzeptieren (das würde ihr grandioses Selbstbild zerstören).
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Also muss jemand anderes „schuld“ sein. Die Partnerin wird zum „emotionalen Mülleimer“ und Dienstleister: Bestätigen, trösten, aufbauen, bewundern.
Nachmittag: Gaslighting in kleinen Dosen
Wenn wir uns am Nachmittag sahen oder später Nachrichten austauschten, passierte oft etwas, das ich damals nicht benennen konnte: Gaslighting.
Es waren keine riesigen Szenen, sondern kleine Nadelstiche gegen meine Realität.
Ich: „Gestern hast du sehr hart mit mir geredet, das hat mich verletzt.“ Er: „Das bildest du dir ein. Ich war ganz normal. Du bist einfach gerade hysterisch.“
Ich: „Du hast doch letzte Woche gesagt, du willst das nicht mehr machen.“ Er: „Hab ich nie gesagt. Du hörst immer nur das, was du hören willst. Dein Gedächtnis lässt echt nach.“
Ich: „Ich hab im Moment das Gefühl, ich bin dir nicht wichtig.“ Er: „Du bist immer so hypersensibel. Mit dir kann man über nichts Vernünftiges reden, ohne dass du ein Drama draus machst.“
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Ich begann, mir selbst nicht mehr zu trauen. Ich schrieb Dinge auf, um sicher zu sein, dass ich mich richtig erinnere. Ich las alte Chat-Verläufe, um nachzuprüfen, ob ich verrückt werde. Statt dass wir gemeinsam auf Konflikte schauten, wurde mein Empfinden zum Problem erklärt, nicht sein Verhalten.
Was die Psychologie dazu sagt: Gaslighting ist ein Manipulationsinstrument, um das Gegenüber zu destabilisieren. Die Wahrnehmung der Partnerin wird systematisch in Frage gestellt („Das war nie so“, „Das bildest du dir ein“), bis sie ihrer eigenen Urteilskraft misstraut.
Für den Narzissten ist das bequem: Wer ständig an sich selbst zweifelt, stellt weniger Forderungen, verteidigt keine Grenzen und lässt sich leichter kontrollieren.
Abend: Zwischen Ideal und Entwertung
Abends gab es zwei Versionen von ihm – und ich wusste beim Nachhausekommen nie, welche Tür ich öffnen würde.
Version 1: Der ideale Partner: An solchen Abenden war er aufmerksam, plante die Zukunft, redete von gemeinsamen Reisen, von einer Wohnung, vielleicht sogar von Kindern. Er kochte, er umarmte mich, erzählte mir, wie besonders ich sei:
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„So eine wie dich finde ich nie wieder.“ „Nur du verstehst mich wirklich.“
Dann fühlte ich mich gesehen, gewollt, auserwählt. Das waren die Momente, die wie eine Droge wirkten. Sie waren der Grund, warum ich blieb. „Siehst du“, dachte ich, „er liebt mich doch.“
Version 2: Der kalte Kritiker (Abwertung) An anderen Abenden ging es um meine „Mängel“. Nichts war gut genug.
- Meine Gefühle: „übertriebene Emotionalität“.
- Meine Meinung: „fehlende Loyalität“, wenn ich ihm nicht zustimmte.
- Mein Aussehen: „Das Kleid steht dir nicht so gut wie das andere“, „Langsam solltest du mal mehr auf dich achten“.
- Meine Freunde: „Die ziehen dich nur runter, die haben kein Niveau.“
Oft war die Kritik in einem Witz versteckt:
„War doch nur Spaß, du verträgst ja gar nichts.“
Oder offen und kalt:
„Kein Wunder, dass du bisher im Job nicht weitergekommen bist, so wie du dich anstellst.“
Diese ständige Wechselwirkung von Idealisierung (du bist die Göttin) und Entwertung (du bist nichts) war zermürbend. An einem Abend war ich seine Königin. Am nächsten fühlte ich mich wie ein kleines, dummes Mädchen, das froh sein konnte, dass er überhaupt da war.
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Ich hatte keine Ahnung, dass ich in einer emotional missbräuchlichen Beziehung war – Mach nicht den gleichen Fehler!
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Diese Dynamik bindet extrem stark, weil sie wie eine Spielsucht funktioniert. Das Gehirn gewöhnt sich an die Schwankungen und wartet süchtig auf das nächste „Hoch“, die nächste Liebesbekundung. Man nennt das „Trauma Bonding“. Man bleibt nicht, weil es so schön ist, sondern weil man hofft, dass es wieder schön wird.
Nacht: Die Leere, die du nicht sehen darfst
Spät abends, wenn er sehr müde war oder Alkohol getrunken hatte, blitzte manchmal etwas auf, das ich nur schwer in Worte fassen konnte: eine tiefe, kalte Leere in ihm.
Er sagte dann Sätze wie:
„Eigentlich ist alles sinnlos.“ „Am Ende sind alle Menschen enttäuschend. Niemand bleibt.“
Für einen kurzen Moment war da ein Hauch von Ehrlichkeit, von Verletzlichkeit. Wenn ich vorsichtig nachfragte, mich nähern wollte, zog sich die Stahltür sofort wieder zu:
„Ist egal. Schlafen wir jetzt.“
Ich glaube heute, dass dieser innere Abgrund der Motor ist, der ihn antreibt: die panische, fast kindliche Angst davor, unbedeutend, nichtig, nicht liebenswert zu sein. Aber er konnte diesen Abgrund nicht anschauen. Stattdessen lenkte er diese Angst nach außen – auf mich, auf andere, auf die Welt. Er musste sich groß machen, damit er sich nicht klein fühlen musste.
Was das emotional mit mir gemacht hat: Ich fühlte eine toxische Mischung aus Mitleid, Liebe, Schutzinstinkt – und totaler Überforderung. Ich wollte ihn „retten“, seine Wunden heilen. Ich verstand nicht, dass man jemanden nicht heilen kann, der nicht zugibt, dass er krank ist.
Fazit: Was ein Tag mit einem Narzissten mit dir macht
Vielleicht liest du das und erkennst dich wieder. Vielleicht nur in Teilen, vielleicht fühlst du dich ertappt.
Das Leben mit einem Narzissten verändert dich schleichend:
- Du wachst auf und prüfst innerlich zuerst seine Stimmung, nicht deine.
- Du wiegst jedes Wort auf der Goldwaage („Eierschalen-Tanz“).
- Du stellst deine eigene Realität in Frage.
- Du fühlst dich schuldig, wenn du Grenzen setzt oder Bedürfnisse hast.
- Du bist tief erschöpft – und gleichzeitig unfähig zu gehen.
Was dabei langsam stirbt, ist dein eigener innerer Kompass. Du spürst dich immer weniger, weil du so sehr damit beschäftigt bist, seine Welt zusammenzuhalten.
Ein Wort zum Schluss
Es ist wichtig zu sagen: Nicht jeder schwierige Mann ist ein Narzisst. Aber wenn du ein klares Muster aus Mangel an Empathie, Größenwahn und Manipulation erkennst, und wenn du dich in der Beziehung immer kleiner fühlst statt größer – dann nimm das ernst.
Dieser Text soll dir keine Diagnose liefern, sondern eine Erlaubnis: Die Erlaubnis, deiner Wahrnehmung wieder zu trauen. Du bist nicht „zu empfindlich“. Du bist nicht „verrückt“. Und du bist nicht dafür verantwortlich, einen erwachsenen Mann zu reparieren.
Ein Tag im Leben eines Narzissten ist ein ständiger Kampf gegen die eigene Unsicherheit. Ein Tag in deinem Leben sollte dir gehören. Du hast das Recht auf Tage, an denen du aufwachst, ohne Angst vor der Stimmung eines anderen zu haben. Du bist nicht die Statistin in seinem Film – du bist die Hauptfigur in deinem.












